Der 19-jährige X-Faktor

Isaiah Hartenstein behauptete sich im Duell mit Pachulia und Shengelia
© fiba.com

Die deutsche Nationalmannschaft hat bei der EuroBasket 2017 auch das zweite Spiel gewonnen und Georgien mit 67:57 geschlagen. Dabei überzeugte das DBB-Team im Kollektiv. Der Mann des Spiels war ausgerechnet der Jüngste bei seinem ersten EM-Einsatz.

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Der Mann, mit dem viele der anwesenden Reporter sprechen wollten, war leider verhindert. Isaiah Hartenstein musste zur Doping-Kontrolle - Wasser lassen anstatt sich feiern zu lassen. Das Timing mag nicht ideal gewesen sein, aber es kann eben nicht immer alles perfekt laufen. Und für Hartenstein lief an diesem Tag schon ziemlich viel perfekt.

Der 19-Jährige gab sein EM-Debüt, nachdem er gegen die Ukraine noch Zuschauer gewesen war. Er kam notgedrungen sogar schon im ersten Viertel rein, weil Georgiens Star Tornike Shengelia bereits Danilo Barthel und Daniel Theis jeweils in Foul-Trouble gebracht hatte. Und er machte seine Sache gut - so gut, dass schon während des Spiels etliche Zuschauer staunten und im Anschluss überall nur Lob für ihn zu hören war.

Auf die Frage, ob ihn die Leistung Hartensteins überrascht habe, sagte etwa Maodo Lo gegenüber SPOX: "Er ist natürlich ein guter Spieler, ein großes Talent, aber so hatten wir das nicht erwartet. Dass er reinkommt und sofort so produziert, spricht für ihn. Defensiv und beim Rebound war er richtig stark, eine tolle Partie von ihm."

Die Masse macht's gegen Shengelia

Die Zahlen waren dabei gar nicht so auffällig - Hartenstein kam in 16:22 Minuten auf 4 Punkte (2/5 FG), 5 Rebounds, 1 Assist und 4 Fouls. Diese klassischen Statistiken reichten jedoch nicht aus, um seinen Impact auf das Spiel zu beschreiben. "Isaiah hat uns in der Defense große Impulse gegeben", lobte Chris Fleming nach dem Spiel. "Das hat uns etwas Rückenwind verschafft." Auch Daniel Theis sprach von einem "großen Push" durch Hartenstein und auch Johannes Thiemann.

Beide gehörten zu einem wahren Big-Man-Batallion, das Fleming auf Shengelia ansetzte. Mit Barthel und Theis war zu rechnen gewesen, insbesondere Theis spielte im letzten Viertel sensationelle Defense. Aber auch die Reserve sorgte dafür, dass der gefürchtete Big Man nach dem ersten Viertel überhaupt keine Schlagkraft mehr hatte. Shengelia machte im ersten Durchgang 10 Punkte, danach kamen nur noch 2 weitere hinzu, dafür aber 8 Ballverluste.

"Unsere großen Jungs verdienen Respekt, sie haben heute wirklich toll gespielt und Shengelia gut aus dem Spiel genommen", lobte auch Dennis Schröder, der mit 23 Punkten erneut Topscorer der Partie war. Es waren sich jedoch alle einig: Dieses Spiel wurde nicht offensiv gewonnen, wo abermals viele offene Würfe liegengelassen wurden und das Team 20 Ballverluste produzierte (Schröder: 9). Die Schlüssel waren die Rebounds, die Defense und die Rotation.

Defensive Disziplin macht den Unterschied

Georgiens größte Stärke liegt eigentlich unterm Korb, wo mit Shengelia und Zaza Pachulia zwei gestandene Big Men operieren. Die Deutschen waren darauf jedoch vorbereitet und gewannen das Rebound-Duell sogar mit 37:32, ohne einen Brecher wie Pachulia in ihren Reihen zu haben. Sie verschafften sich den Vorteil vielmehr durch Hustle und Zusammenarbeit.

Es war offensichtlich, was der Game-Plan der Deutschen vorsah und worauf am meisten geachtet wurde. Stellvertretend für das gesamte Team sagte Theis im Anschluss sogar, dass ihn die Offense gar nicht interessiere, solange die Defense sicher stehe. So defensivstark und diszipliniert hat man die deutsche Mannschaft in jedem Fall seit einer sehr langen Zeit nicht gesehen.

Und diese Disziplin wurde trotz - oder gerade wegen - der großen Rotation beibehalten. Elf Spieler hatte Fleming bereits Anfang des zweiten Viertels eingesetzt, abgesehen von Thiemann bekamen diese auch alle mindestens zehn Minuten Einsatzzeit. "Bei diesem Spiel war uns klar, dass sie eine sehr kleine Rotation haben würden, und wir wollten das kontern, indem wir immer wieder frische Beine reinbringen", erklärte Fleming anschließend.

Die Strategie ging auf - die Georgier spielten effektiv wieder mit einer 7er-Rotation und wirkten am Ende ausgelaugt, mit dem Tempo der Deutschen konnten sie im letzten Viertel nicht mehr mitgehen. "Wir konnten defensiv so viel Energie aufbringen, weil wir viel gewechselt haben, frischere Beine hatten als sie. Deswegen hat uns die Rotation sehr geholfen", erklärte Lo.

Auch Schröder opfert sich auf

Hervorzuheben war darüber hinaus die Opferbereitschaft des Teams. Wann immer Shengelia im Fastbreak angerauscht kam, stellten sich ihm mehrere Spieler in den Weg. Auch Schröder nahm am Ende ein Offensiv-Foul an, was Fleming begeisterte: "Darüber wird nicht so viel geredet wie über seine Punkte, aber das war extrem wichtig für uns. Er hat sich fürs Team geopfert, das war ein 4-Point-Play für uns."

Der Spieler, der diese Einsatzbereitschaft und dieses Feuer am meisten verkörperte, gerade in der ersten Hälfte, war indes Hartenstein. "Er hat sich nicht wegschieben lassen, er hat physisch gespielt und sich mit ihren großen Jungs angelegt. Genau dieses Feuer brauchen wir", lobte Robin Benzing. "Er ist ja erst 19 Jahre alt, da muss er diese Energie auch haben", schob er grinsend hinterher.

Der jugendliche Heißsporn zeigte sich Ende des dritten Viertels ein einziges Mal negativ, als Hartenstein ein Technisches Foul kassierte, auch damit hatte Fleming jedoch kein Problem. Es sei eine Erfahrung, die man eben machen müsse.

"Isaiah hat keine Angst vor der großen Bühne"

Dazu dürfte Hartenstein im weiteren Turnierverlauf wahrscheinlich noch einige Chancen erhalten. Beim Big Man ist noch immer nicht geklärt, wo er nächste Saison spielen wird, die Houston Rockets hatten ihn bekanntlich in der zweiten Runde gedraftet, als Optionen gelten die G-League, ein Two-Way-Deal mit den Rockets oder ein Verbleib in Europa.

Bei seinem jetzigen Team hat er seine Rolle indes gefunden: Hartenstein ist beim DBB-Team ein Energizer von der Bank, der "verdammt viel Energie" geben kann, wie Theis es ausdrückte. Bei einer Statistik war er dann auch doch herausragend: Hartenstein wies einen Plus/Minus-Wert von +13 auf, der beste Wert des Spiels. Ein X-Faktor-Wert,

Das sei für ihn keine Überraschung, erklärte Fleming. "Bei jedem seiner Einsätze in der Vorbereitung hat er immer Energie aufs Feld gebracht. Isaiah hat keine Angst vor der großen Bühne." Das dürften mit Sicherheit auch die Rockets gerne hören.

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