Der Freitag begann für das DBB-Team mit einer guten Nachricht - vor allem für ihren Kapitän. Robin Benzing war über Nacht Vater geworden, seine Tochter Ainhoa ist wohlauf, und seine Entscheidung, trotz der Schwangerschaft seiner Frau beim Team zu bleiben, erwies sich als richtig: "Ich hätte es eh nicht rechtzeitig nach Deutschland geschafft, das ging alles so schnell", freute sich der 28-Jährige.
Die Erleichterung war ihm regelrecht anzusehen und schien sich gewissermaßen auch auf die Mannschaft zu übertragen, die beim Training und später bei einem Meet-and-Greet mit den deutschen Fans in Tel Aviv einen sehr gelösten Eindruck machte. Es wurde noch einmal ein wenig geflachst, entspannt trainiert, die "Beine erholt", wie Chris Fleming es ausdrückte, denn natürlich wusste jeder: Am Samstag beginnt gewissermaßen der Ernst dieses Turniers.
Das Duell mit den Georgiern galt ohnehin als harte Nuss, am Donnerstag zeigten diese gegen Litauen allerdings, dass sie sogar die härteste Nuss dieser Gruppe sein könnten. In einem der hochklassigsten Spiele des bisherigen Turniers setzten sie sich mit 79:77 durch und bestätigten dabei die grandiose Form der Vorbereitung, als sie auch schon Litauen, Frankreich und Serbien besiegt hatten.
"Das, was sie gestern gemacht haben, hat uns ganz und gar nicht überrascht", stellte Fleming daher klar. Aus seinen Aussagen, aber auch aus denen von Johannes Voigtmann und der anderen Spieler ging hervor, dass die Mannschaft diesen Gegner extrem respektiert.
Shengelia: Ein "überragender Mann"
Insbesondere einer hat am Donnerstag einen bleibenden Eindruck hinterlassen: Fleming bezeichnete Tornike Shengelia als "überragenden Mann", nachdem dieser Litauen 29 Zähler eingeschenkt hatte. Auch Voigtmann, der mit Shengelia gemeinsam bei Saski Baskonia spielt, zeigte sich voll des Lobes: "Er kann fast alles. Er ist sehr stark, super athletisch, schnell, kann gut aufposten, ist gut im Face-Up und hat ein gutes Ballhandling", sagte der Big Man, der Shengelia am Donnerstag noch gratuliert hatte.
Fleming warnte jedoch davor, sich ausschließlich auf den Star zu konzentrieren, da die Georgier durch die Bank "bessere Einzelspieler" haben als die Ukraine und darüber hinaus sehr gut organisiert seien. Fleming hob zudem die Kontinuität der Gegner hervor, die seit einigen Jahren in einer nahezu identischen Besetzung zusammenspielen.
"Georgien lag in der Vorbereitung in fast jedem Spiel hinten, aber sie kommen immer wieder zurück. Sie sind als Mannschaft vielleicht etwas weiter, spielen seit Jahren zusammen. Das hat sich gestern auch wieder gezeigt", so Fleming, der gleichzeitig aber verhindern wollte, sich zu sehr auf den Gegner zu konzentrieren.
"Wir wissen sehr genau, was auf uns zukommt, und wir haben auch Spieler, die sehr gut Basketball spielen können", stellte der Coach klar. Solange man sich auf die eigenen Stärken konzentriere, sei alles möglich. "Die Kunst gegen gute Mannschaften besteht nicht aus Tricks - sieh zu, dass du die entsprechende Energie aufs Feld kriegst."
Mehr Unterstützung für Schröder
Die Energie hatte Fleming auch schon nach dem Ukraine-Spiel zitiert, als er die defensive Leistung von Maodo Lo hervorhob. Diesmal erhofft er sich, dass die Mannschaft tatsächlich über 40 Minuten mit voller Energie verteidigt, zumal man sich gegen Georgien keine unkonzentrierten Phasen erlauben kann. Und was vorn helfen sollte, erklärte Voigtmann: Man könnte Schröder noch mehr abseits des Balles einsetzen.
"Für Dennis ist es schwer, wenn er 40 Minuten den Ball in der Hand halten muss. Es ist gut, wenn er auch mal als Cutter oder nach Hand-Offs zu Punkten kommen kann. Wir haben da ganz gute Möglichkeiten, ihm Vorteile zu verschaffen, ohne dass er alles kontrollieren muss", so Voigtmann. "Es ist sehr wichtig, dass er zu seinen Punkten kommt und seine Stärken ausspielt, ohne dabei so viel Energie aufzubringen."
Die Deutschen wissen natürlich, dass sie ihren besten Mann frisch halten müssen, gerade angesichts des heftigen Spielplans mit fünf Spielen an sieben Tagen. Voigtmann selbst gelobte, sich noch mehr im Pick'n'Roll anzubieten und auch etwas mehr Entschlossenheit an den Tag zu legen. Dies hatte Fleming am Donnerstag noch bemängelt.
Fleming: "Ball in dieses Loch reinschmeißen"
"Wir sind eine Gruppe, die den Ball gerne passt, was zu einem gewissen Grad auch gut ist, weil alle involviert werden und den Ball in der Hand haben. Aber irgendwann muss man natürlich auch werfen", sagte Voigtmann. "Viele von uns haben damit ein bisschen Probleme, gerade auch diejenigen, die in den Vereinen jetzt nicht so prominente Rollen in der Offensive spielen. Ich zögere auch manchmal ein bisschen zu sehr und spiele den Extrapass, obwohl ich eigentlich werfen sollte."
Flemings Antwort auf die Frage, wie die anderen Schröder am besten unterstützen könnte, fiel dementsprechend lapidar aus: "Indem sie den Ball in dieses Loch reinschmeißen", sagte er grinsend, bevor er etwas ernster hinzufügte: "Die besseren Teams werden die Räume für Dennis deutlich enger machen, daher werden auch andere mehr Verantwortung übernehmen müssen."
Neben Benzing und Voigtmann dürfte hier auch von Lo, Daniel Theis und Danilo Barthel die Rede gewesen sein. Die Big Men sind gegen Shengelia und Zaza Pachulia in jedem Fall ganz besonders gefordert.
Trainingsrunde am Abend
All dies wurde am Freitag aber zunächst weggewischt - man feierte den neuen Vater Benzing, man entspannte sich und verbrachte dann noch eine lockere Runde mit den Fans, bei der viel gelacht wurde. Man hätte fast meinen können, das Team wäre eine Reisegruppe, die am Abend dann noch die Straßen von Tel Aviv erkunden würde.
Das war aber natürlich nicht der Fall. Nachdem alle Fans wieder weg waren, alle Selfies geknipst wurden, fuhr der Mannschaftsbus noch einmal los - von 21 bis 22 Uhr sollte noch einmal trainiert werden. Als einziges Team von Gruppe B absolvierte das DBB-Team am Freitag eine zweite Einheit. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit, versteht sich. Jetzt wird es schließlich ernst.