Die Voraussetzungen waren klar. Verlieren die Bayern, wären sie raus. Gewinnen sie, blieben die Chancen auf den Einzug ins Top 16 bestehen. Das hatten auch die Spieler verstanden. Bayern erwischte einen guten Start, zog früh ein wenig davon. Allerdings schlug Milan dank eines bestens aufgelegten Joe Ragland schnell zurück. Gerade Bayerns Defensivschwäche am Perimeter nutzten die Italiener zu Beginn regelmäßig aus.
Diesmal ließen sich der FCB allerdings nicht einschüchtern. Die Bayern behielten die Ruhe, reboundeten konsequent (39:34) und blieben so zu jeder Zeit an Milan dran. Nur absetzen konnte man sich nicht. Milans Mix aus Drives Richtung Korb und häufig offenen Schützen am Perimeter bereitete dem deutschen Meister merklich Probleme.
Ausscheiden wollten die Bayern - wer möchte es ihnen verdenken - aber nicht. Sie hielten dagegen, verteidigten giftig und hatten am Ende ihren Krimi. Das Problem: Daniel Hackett hatte beschlossen, das Spiel im Alleingang zu entscheiden. Nach einer unglaublichen Performance im Schlussviertel traf der Italiener den Gamewinner über Anton Gavel und besiegelte damit das Aus des deutschen Meisters, der in der kommenden Runde in den Eurocup einsteigen wird. Mit 25 Punkten war Hackett dann auch Topscorer der Partie. Für die Bayern kam Heiko Schaffartzik auf 15 Zähler.
Die Reaktionen:
Svetislav Pesic (Bayern München): "Gratulation an Mailand. Meine Jungs haben heute mit zusätzlichem Einsatz gespielt und großen Charakter gezeigt. In dieser vollen Halle haben wir das Spiel kontrolliert und unsere Chance gehabt. Die Rankings zeigen auch, dass wir eigentlich besser waren. Ich habe das Spiel nach der Pause im Fernsehen gesehen und meine, dass es beim letzten Korbleger von McCalebb beim ersten Schritt ein Foul war, dadurch ist er aus der Balance geraten."
Heiko Schaffartzik (Bayern München): "Jetzt sind wir leider aus der Euroleague ausgeschieden, das ist sehr enttäuschend. Vor allem, weil wir das Gefühl haben, dass Mailand das Spiel nicht gewonnen hat, sondern wir es selbst aus der Hand gegeben haben. Das macht diese Niederlage und unser Ausscheiden noch bitterer."
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Tipoff: Milan kann wieder auf Captain Alessandro Gentile zurückgreifen. Neben dem Italiener starten Joe Ragland, Daniel Hackett, Nicolo Melli und Samardo Samuels. Bei den Bayern kehrt Anton Gavel in den Kader zurück, steht allerdings noch nicht in der Starting Five. Dafür beginnt Jan Jagla anstelle von Dusko Savanovic. Ansonsten bleibt alles beim Alten. Bo McCalebb übernimmt den Aufbau, Nihad Djedovic, Robin Benzing und John Bryant komplettieren die erste Fünf.
3.: Guter Start für die Bayern! Sogar das Pick-and-Roll funktioniert bereits. Bryant stellt den Block für Djedovic, rollt Richtung Korb ab, bekommt dort vom Bosnier den Ball serviert und trifft den Layup. Bei Milan läuft noch nicht viel zusammen. Der FC Bayern führt mit 6:0 - Milan-Coach Luca Banchi nimmt die Auszeit.
8.: Mittlerweile läuft's besser bei Milan - speziell dank Ragland. Diesmal kann Gavel den Playmaker nicht halten, der am Ring per Leger vollendet. Benzing vergibt kurz darauf den offenen Dreier - 13:10 Milan!
13.: Milans Lauf ist wieder ein wenig eingebremst. Die Bayern haben sich gefangen und gestalten den Start des zweiten Viertels ganz nach ihrem Geschmack. Hinten wird gut gereboundet, vorne regelmäßig getroffen. Diesmal verwandelt Savanovic den Fadeaway - 25:20 Bayern!
19.: Die Perimeter-Defense der Bayern gestattet auch Milan den einen oder anderen offenen Dreier. Mit Samuels konnte man allerdings auch nicht wirklich rechnen, der Big Man trifft trotzdem. Benzing antwortet zwar, doch Kleiza streut im Gegenzug den nächsten Dreier ein. Benzing reicht's endgültig. Der Nationalspieler trifft ebenfalls von Downtown - 37:36 Bayern!
20.: Svetislav Pesic kann sich nicht beruhigen. Zwar führen die Bayern zur Halbzeit knapp, der Coach beschwert sich nach der Sirene aber dennoch abermals bei den Schiedsrichtern, holt sich sein zweites Technisches Foul ab und ist damit raus. Grund für den den Wutausbruch war ein Block von Kleiza gegen Djedovic, bei dem Pesic - wohl nicht ganz zu unrecht - ein Foul gesehen haben wollte.
24.: Es geht weiter hin und her. McCalebb zieht in die Zone und trifft den Layup. Auf der anderen Seite machen es die Bayern Milan allerdings wieder zu leicht. Ein Lobpass genügt und schon ist Hackett unter dem Korb frei. Nach Foul von Gavel trifft der Italiener allerdings nur einen von zwei Freiwürfen - 45:45!
29.: Schaffartzik ist einfach einer für die ganz wichtigen Punkte. Milan droht den Bayern ein wenig zu enteilen - Auftritt: Schaffartzik. Zwei Mal steigt der Nationalspieler von draußen hoch, zwei Mal sieht der Ball den Boden des Netzes - 56:55 Bayern!
35.: Es bleibt eng. Savanovic bringt die Bayern von der Linie mit einem in Führung, doch Hackett trifft im Gegenzug den Fadeaway - 69:68 Milan!
37.: Kleizas Hand wandert unnötigerweise in Gavels Gesicht. Ein Pfiff - und schon hat der Litauer sein fünftes Foul kassiert. Feierabend! Bryant trifft kurz darauf zunächst aus der Mitteldistanz und nach Hacketts Punkten sogar von draußen - 76:75 Milan!
40.: DANIEL HACKETT! Unfassbar, was der Italiener im Schlussviertel liefert. Erst trifft er den Turnaround-Jumper, doch die Bayern kontern, dann lässt Hackett die Uhr ganz weit runterlaufen und versenkt den unglaublichen Gamewinner über Gavel. Milan gewinnt, die Bayern sind ausgeschieden.
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Der Star des Spiels: Was für ein Spiel von Daniel Hackett. Unfassbar. Nach überschaubarer erster Hälfte drehte der Italiener in der zweiten Halbzeit auf und führte Milan nahezu im Alleingang zum Sieg. Hackett war dank seines guten Drives nicht mehr zu verteidigen, fand einen unglaublichen Rhythmus, traf am Ende einfach alles - und dazu den unglaublichen Gamewinner gegen einen eigentlich gut verteidigenden Anton Gavel.
Der Flop des Spiels: Bo McCalebb versuchte viel, allein, es gelang wenig. Im Grunde war der Playmaker einzig und allein von der Freiwurflinie effektiv. McCalebb vergab zu häufig unmittelbar am Ring (2/9 FG) - darunter kurz vor Schluss.
Das fiel auf:
- Die Bayern und der Dreier. Wie in den vergangenen Spielen funktionierte die Perimeter-Defense des deutschen Meisters auch gegen Milan nicht wie gewünscht. Oft genügten ein, zwei harte Dribblings Richtung Korb, um die Münchner ein wenig durcheinander zu bringen. Folgte dann der Kickout-Pass, waren die italienischen Schützen offen. Zudem machte sich die mangelnde Athletik bemerkbar. Gerade gegen Joe Ragland und Daniel Hackett mussten die bayerischen Guards regelmäßig absinken, um nicht beim Drive geschlagen zu werden. Das hatte allerdings den einen oder anderen offenen Dreier zur Folge.
- Offensiv war der FCB um bessere Balance und mehr Variation bemüht. Direkt zu Beginn attackierten sie immer wieder die Zone, suchten zudem John Bryant im Post. Es funktionierte. Die Offense wirkte wesentlich variabler als zuletzt in Athen.
- Eine Schwäche blieb jedoch. Der Dreier, er will in der Euroleague derzeit einfach nicht fallen. Trotz aggressiverer Offense erspielten sich die Münchner einfach zu wenige wirklich offene Würfe von draußen. Drückten sie doch einmal ab, klatschte der Ball meist nur auf den Ring (28 Prozent 3FG).
- Es hat durchaus Vorteile, wenn man einen Linas Kleiza von der Bank bringen kann. Der Litauer befeuerte einen zwischenzeitlichen Run Milans im zweiten Viertel. Kleiza strahlte Gefahr von draußen aus, brachte den Italienern so Spacing, scheute aber auch den Zug in die Zone nicht.
- Es ging um einiges - und das war beiden Teams anzumerken. Die Defense war aggressiv, physisch - egal, auf welcher Seite. Aufgeben als Option fiel weg. Wann auch immer ein Team einen kleinen Run startete, schlug das andere umgehend zurück. Die Bayern wirkten dabei wesentlich stabiler als zuletzt, ließen sich auch von kleineren Rückschlägen nicht verunsichern.
- Nicht einmal 1,5 Minuten waren im Schlussviertel gespielt, da hatte Milan bereits sein viertes Teamfoul begangen. Die Folge: Wann immer die Italiener in der Folge einen Pfiff gegen sich vernahmen, marschierten die Bayern an die Linie. Ein Riesenvorteil, den die Bayern am Ende vielleicht nicht konsequent genug nutzten. Dennoch blieben sie dank einiger Freiwürfe dran und brachten gegen Ende ihre Offense auch wieder besser zum Laufen.
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