Haye: "Es macht mich krank"

Von Für SPOX in Hamburg: Haruka Gruber
Haye machte bei seiner Niederlage gegen Klitschko mehrfach Bekanntschaft mit dem Ringboden
© Getty

Die Geschichte eines Großmauls und seines kaputten Zehs: David Haye gibt die Schuld für die Niederlage seiner Verletzung. Und: Er zieht seinen Rücktritt zurück.

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David Haye war gezeichnet vom WM-Vereinigungskampf gegen Wladimir Klitschko. Während der ukrainische Sieger trotz seines Cuts kaum lädiert aussah, setzte sich der Ex-WBA-Weltmeister eine große Sonnenbrille auf, um bei der Pressekonferenz nach dem einstimmig nach Punkten verloren gegangenen Fight seine Blessuren zu verbergen.

Er stellte sich den Fragen der zahlreichen Journalisten - und trat bei weitem nicht mehr so selbstbewusst auf wie zuvor.

Frage: Wie geht es Ihnen?

David Haye: Ich fühle mich physisch okay, aber ich bin sehr enttäuscht. Ich bin tief enttäuscht, dass ich nicht das gemacht habe, was ich hätte machen müssen. Ich wollte den einen großen Schlag landen, aber der ist mir nicht gelungen. Dafür habe ich mehr Punches einstecken müssen, als ich es gewohnt bin. Generell war der Kampf großartig für das Boxen. Dieser Kampf hat das Schwergewicht wieder zurück auf die Landkarte des Boxens gebracht. Daran habe ich einen Anteil. Es standen sich zwei großartige Champions gegenüber, die sich nichts schenkten. Wenn man in beide Gesichter blickt, sieht man, dass beide gut etwas abbekommen haben.

Frage: Was sagen Sie zu Klitschkos Leistung?

Haye: Natürlich gebührt ihm Respekt, Wladimir hat den perfekten Kampf gezeigt. Sein Boxing war wunderschön und er hat sich eine gute Strategie zurechtgelegt. Er nutzte seine Größe sowie seine Reichweite und ich war nicht in der Lage, meine Angriffe durchzuziehen. Einerseits lag es daran, dass er sehr stark verteidigt und sich sehr gut bewegt hat. Andererseits gab es einen zweiten, viel wichtigeren Grund. Es macht mich krank, das anzusprechen, und ich will nicht nach Entschuldigungen suchen, aber mein gebrochener Zeh hat mich beeinträchtigt.

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Frage: Wie sehr?

Haye: Vor drei Wochen habe ich mir den kleinen Zeh des rechten Fußes gebrochen. Etwas, das im Training passieren kann. Deswegen bin ich in letzter Zeit auch immer in Flip-Flops herumgelaufen, weil es jedes Mal wehtat, wenn mein Zeh etwas berührt hat. Ich dachte, dass es dennoch gehen würde. Ich habe meinen Zeh lokal betäubt und hoffte, dass ich mit der Betäubung und dem Adrenalin während des Kampfes den Schmerz ignorieren könnte. Das war leider nicht der Fall.

Frage: Was war das Problem?

Haye: Wegen der Verletzung war ich nicht in der Lage, den rechten Fuß so zu nutzen, dass ich mit der rechten Hand mit voller Kraft zuschlagen kann. Wer mich kennt, weiß, dass meine Power aus den Beinen kommt. Wegen des Zehs jedoch konnte ich keine Explosivität entwickeln. Aber so ist Boxen. Mir ist es schon passiert, dass ich trotz eines Handbruchs gewonnen habe.

Frage: Kam eine Absage in Betracht?

Haye: Nein, für mich stand es nie zur Debatte, das war keine Option. Ich hatte mich schon mal vor einem Kampf gegen Wladimir verletzt und musste ihn verschieben. Mir war klar: Egal, was im Training passiert, ich muss das Ding durchziehen.

Frage: Haben Sie wegen der Verletzung Ihre Taktik verändert?

Haye: Ich wusste, dass ich nicht in ihn hineinspringen konnte, deswegen habe ich in der Deckung meine Hände runtergenommen und offen geboxt. So kassierte ich zwar einige Jabs, aber ich habe gehofft, dass sich Wladimir vielleicht herauslocken lässt, um mich auszuknocken. Er blieb jedoch bei seinem Plan und machte das richtig gut.

Frage: Hätten Sie in einem Rückkampf eine bessere Chance?

Haye: Ich glaube, ich würde gerne wieder gegen ihn kämpfen, wenn ich wieder hundertprozentig fit bin. Vor dem Kampf gab es eine Menge böses Blut und Wladimir versprach, mich auszuknocken. Das ist ihm nicht gelungen, obwohl er einen der härtesten Punches der Welt besitzt und mich einige Mal am Kinn getroffen hat. Viele Kritiker hatten erwartet, dass ich garantiert zu Boden gehe, aber ich habe sie eines Besseren belehrt.

Frage: Ohne die Verletzung wären Sie der Sieger gewesen?

Haye: Sogar mit der Verletzung war ich in der Lage, ihn einige Male durchzuschütteln. Ich glaube, wenn ich fit gewesen wäre, hätte ich den Kampf gewonnen.

Frage: Sie kündigten an, im Oktober Ihre Karriere zu beenden, wenn Sie 31 Jahre alt werden. Gibt es den Rücktritt vom Rücktritt?

Haye: Ich weiß nicht, wie es weitergeht. Verlieren war nie eine Möglichkeit, an die ich gedacht habe. Ich konnte mir nicht vorstellen, den Ring nicht als Sieger zu verlassen. Es war nicht Teil meines Plans. Deswegen werde ich mich hinsetzen und überlegen müssen, was ich als nächstes mache. Ich habe immer gesagt, dass ich im Oktober aufhöre. Aber ich muss mir Gedanken machen.

Frage: Heißt?

Haye: Es wäre sehr enttäuschend, mit einer Niederlage aufzuhören - vor allem, wenn man nicht bei hundert Prozent war. Ich will nicht wissen, wie Wladimir ausgesehen hätte, wenn er mit der gleichen Verletzung angetreten wäre. Ich bin mir immer noch sicher, dass ich ohne diese Verletzung gewonnen hätte.

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