Schwer lädiert, aber doch gewonnen: Alexander Dimitrenko konnte sich gegen Michael Sprott nicht für einen WM-Kampf empfehlen, bleibt aber Europameister im Schwergewicht und damit der Hoffnungsträger des Universum-Stalls.
Wer wissen wollte, in welchem Zustand sich der Hamburger Profiboxstall Universum befindet, musste am frühen Sonntagmorgen nur in das Gesicht von Alexander Dimitrenko schauen.
Dimitrenko schwer gezeichnet
Der alte und neue Europameister im Schwergewicht war nach seinem Kampf gegen den Briten Michael Sprott deutlich gezeichnet. Auch die übergroße Sonnenbrille vermochte sein geschwollenes Gesicht, den dicken Bluterguss unter dem rechten Auge sowie den Cut an der linken Schläfe nicht zu kaschieren.
Und trotzdem konnte sich Dimitrenko als einstimmiger Punktsieger (117:111, 116:111, 119:108) feiern lassen.
"Es war eine gute Erfahrung, wieder über die volle Distanz zu gehen, weil ich ja lange nicht geboxt habe", sagte ein erleichterter Dimitrenko: "Sprott hat es mit allen Mitteln versucht, zum Schluss auch schmutzig. Aber ich hatte alles unter Kontrolle."
Urteil eindeutiger als Kampfgeschehen
Eine Einschätzung, die er exklusiv haben dürfte, denn das Urteil war eindeutiger, als es der Kampfverlauf vermuten ließ. Das bewies schon Dimitrenkos lädiertes Gesicht. Der 2,01 Meter lange Hamburger konnte seine körperlichen Vorteile gegen Sprott viel zu selten ausspielen und kassierte nach überfallartigen Kontern immer wieder heftige Kopftreffer.
In der neunten Runde war Dimitrenko nach einem Schlag sogar kurz am Boden, ohne jedoch angezählt zu werden. Kein Wunder, dass sein Trainer Michael Timm in der Ecke der Verzweiflung nahe war und immer wieder den Kopf schüttelte.
"Das war ein nervenaufreibender Kampf, im Schwergewicht wird nicht mit Wattebäuschchen geworfen", sagte Timm, "er hat nicht variabel genug geboxt und Sprott zu wenig beschäftigt."
Sprott: "Klitschko-Brüder eine andere Liga"
Es spricht für den Briten, dass er seine Niederlage ohne zu lamentieren hinnahm. Zwar seien viele Schläge Dimitrenkos auf seiner Deckung gelandet, aber "ich habe einfach zu lange gewartet, um noch aggressiver zu werden".
Einen verbalen Seitenhieb konnte er sich dann aber doch nicht verkneifen. "Dimitrenko ist noch nicht bereit für die Klitschko-Brüder, das ist eine andere Liga. Die sind ihm in allen Belangen überlegen", sagte Sprott.
Doch genau darum ging es Dimitrenko und Universum vor dem Duell. Mit einer überzeugenden Leistung sollte sich der Deutsch-Ukrainer für einen WM-Kampf empfehlen und seinen Stall zurück auf die ganz große Bühne hieven.
Dimitrenko hat WM-Kampf im Visier
"Natürlich ist es unser Ziel, dass er um die WM boxt", sagte Universum-Manager Dietmar Poszwa, "wir müssen jetzt abwarten." Und Dimitrenko sagte fast trotzig: "Ich habe ein Ziel, das verfolge ich. Ich bin optimistisch."
Stichhaltige Argumente hat er nach seiner viel zu zaghaften Leistung allerdings nicht auf seiner Seite. Trotzdem bleibt der 29-jährige Dimitrenko das Aushängeschild von Universum, weil weitere Hoffnungsträger bei der ersten Veranstaltung nach der Ära von Unternehmensgründer Klaus-Peter Kohl auch nicht vollends zu überzeugen wussten.
Menzer mit gelungenem Comeback
Der ehemaligen Weltmeisterin Ina Menzer war bei ihrem einstimmigen Punktsieg gegen Ela Nunez (USA) nach 14-monatiger Pause der Ringrost deutlich anzumerken.
Juan Carlos Gomez (Kuba) unterlag nach Zeitlupen-Boxen völlig verdient dem Amerikaner Darnell Wilson, und Schwergewichts-Talent Denis Boytsow konnte den alles andere als durchtrainierten Matthew Greer (USA) erst in der sechsten Runde durch technischen K.o. besiegen.
Trotzdem zog der neue Universum-Boss Waldemar Kluch ein positives Fazit. "Ich finde, dass wir eine gute Veranstaltung auf die Beine gestellt haben. Die Halle war voll, ich bin sehr zufrieden. Wir werden in diesem Jahr sicher noch einen Kampfabend machen", sagte Kluch.
Auch Dimitrenko soll so schnell wie möglich wieder in den Ring. Hoffentlich sieht sein Gesicht danach besser aus.