Weltmeister, Superchampion - Rekordboxer? Wenn Felix Sturm am Samstag wieder in den Ring steigt, kann er als erster Deutscher überhaupt zum vierten Mal Weltmeister werden. "Diesen Rekord hat noch niemand aufgestellt, und das ist für mich natürlich eine riesige Motivation", sagte der gebürtige Leverkusener vor dem Mittelgewichts-Fight mit IBF-Titelträger Darren Barker (England). Umgehend stellt er aber klar: "Was nur zählt, ist, dass ich für mich meinen Platz in den Geschichtsbüchern sicher habe. Alles andere ist eine Nebensache. Eine schöne Nebensache."
Der 34-Jährige ist selbstbewusst, austrainiert - und er weiß ganz genau, was er will: Den Titel. Gleichzeitig dürfte dem Linksausleger aber klar sein, dass die Rolle im Rampenlicht bei einer Niederlage gegen Barker ein jähes Ende finden würde. In der Öffentlichkeit gibt Sturm daher zwar weiterhin den ganz coolen Ex-Champion, eigentlich aber hat er viel reflektiert, nachgedacht, geändert.
"Das gesamte Leben ist doch eine Schule, und im Leben lernt man immer weiter dazu. Ich habe viele Dinge gemacht, die nicht gut waren", sagt Sturm: "Aber ich habe gelernt. Ich glaube an mein Können, an mein Talent, an alles, was ich in mir trage."
Sturm greift wieder nach dem Gürtel
Und nun, 462 Tage nach der äußerst bitteren WM-Niederlage gegen den Australier Daniel Geale, greift Sturm wieder nach einem Gürtel. Seine dunklen Augen funkeln. "Ich weiß, was ich kann. Und ich bin überzeugt von mir", sagt Sturm, bevor er zu seinem Rivalen hinüberblickt: "Wir haben es beide drauf. Es wird ein Kampf, von dem man noch lange sprechen wird."
Vor der möglichen Krönung der erfolgreichen Karriere hatte sich Sturm mehr als nur einmal die Frage nach dem Sinn seines Lebens gestellt. Auch wegen des drohenden Karriereendes hatte er intensiv erkundet, ob er nach insgesamt 44 Profikämpfen, 38 Siegen und drei WM-Titeln nicht doch schon satt sei und sich stattdessen der neuen Karriere als Promoter widmen solle. "Du bist Profiboxer, das ist deine Bestimmung, also benimm' dich auch so", habe er sich immer wieder gesagt.
Mit einem Gewicht von 78 Kilogramm hatte er die Vorbereitung leicht wie schon lange nicht mehr aufgenommen. Nur etwa sechs Kilo musste er im Training mit dem erfahrenen Trainer Fritz Sdunek abkochen. "Er hat sich diszipliniert verhalten, noch besser als vor dem vorangegangenen Kampf", sagt Sdunek über seinen Schützling. Und der gibt das Lob gerne zurück: "Fritz ist der weltbeste Trainer. Er war eine Woche länger als sonst dabei, und es hat richtig Spaß gemacht rumzufeuern", sagt Sturm.
Die Freude am Boxen
Und deshalb kommt der Kampf seiner Meinung nach genau richtig. Genau dieses Duell habe er nämlich gebraucht, "um die Freude am Boxen wiederzufinden." Einzig der Traum an den vierten WM-Titel hatte in Sturm die Überzeugung reifen lassen, nochmal alles auf Null zu stellen.
Große Unterstützung erfuhr er dabei von seiner Familie und seinen Freunden. Er habe "einen ganz feinen Kreis an vertrauten Personen", sagt Sturm. Dies habe er vor allem erkannt, als er am Boden lag. Denn zum vierten Mal Weltmeister werden bedeutet konsequenterweise auch, dass er den Titel bereits dreimal abgegeben hatte. "Sie haben mir immer gesagt, dass ich der wahre Champion bin. Aber wichtig ist, was im Ring passiert, und nicht, was erzählt wird."