Vom DDR-Idol zum Wende-Profiteur

SID
Henry Maske unterschrieb bei Promoter Wilfried Sauerland seinen ersten Profivertrag
© getty

Als vor 25 Jahren die Mauer in Berlin fiel, hätte auch für das DDR-Idol Henry Maske eine Welt zusammenbrechen können. Doch der "Gentleman-Boxer" wurde zur gesamtdeutschen Integrationsfigur.

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Nach dem Fall der Mauer vor 25 Jahren war Henry Maske zur rechten Zeit am rechten Ort. Der Box-Olympiasieger nutzte wie kein zweiter deutscher Sportler die Gunst der Stunde und scheffelte im vereinten Land Millionen.

Der einstige Vorzeige-"Ossi" aus Frankfurt/Oder holte das Profiboxen aus der Schmuddelecke und löste in der für ihn neuen Glamour-Welt des Kapitalismus einen Boom aus.

"Ich gehöre sicher zu den Gewinnern der deutschen Einheit. Mein Trainer Manfred Wolke und ich haben nach dem Mauerfall relativ schnell erkannt, dass es sich lohnt, Box-Profi zu werden", sagte Maske im Interview mit dem "SID". Seine Boxshows am Samstagabend wurden mithilfe von "RTL" zu Straßenfegern: "Ich habe mir in den folgenden Jahren finanzielle Möglichkeiten geschaffen, die ich sonst nie erreicht hätte."

Voraussetzungen waren nicht leicht

Nur vier Monate nach dem Fall der Mauer unterschrieb der damals 25-Jährige am 8. März 1990 bei Promoter Wilfried Sauerland in Berlin seinen ersten Profivertrag.

Fast auf den Tag genau drei Jahre später war er als Weltmeister am Ziel seiner Träume. "Ich selbst habe zu der Zeit auch nicht komplett durchgeblickt. Ich hatte in Manfred Wolke einen starken Partner, der das Gefühl vermittelte, die Dinge gut einschätzen zu können", sagte Maske.

Die Voraussetzungen in den Tagen und Wochen des Umbruchs waren äußerst schwierig. Nicht nur, weil niemand genau wusste, was aus der DDR werden würde.

Boxkämpfe brechen TV-Rekorde

Auch das Profiboxen in Deutschland lag 1990 am Boden. "In Deutschland hat sich niemand mehr nach einem Profiboxer umgeschaut, höchstens mal die Nase gerümpft. Auf der Richterskala von eins bis zehn kam die Sportart Boxen nicht vor. Sie war weit unter null", sagte Maske.

Dass der Sport dennoch so eine Perspektive besaß, habe er nicht geahnt, "nur gehofft". Dennoch sollte er recht behalten. Gemeinsam mit seinem Haussender RTL setzte Maske den Faustkampf ins rechte Licht und brach mit fulminanten Inszenierungen TV-Rekorde.

Zehnmal verteidigte der "Gentleman-Boxer" seinen WM-Titel und lockte dabei bis zu 18 Millionen Zuschauer vor die Fernseher.

"Zum Glück friedlich verlaufen"

Maske wurde zur Integrationsfigur des wiedervereinigten Deutschland, obwohl er das gar nicht unbedingt wollte. Der gebürtige Brandenburger fühlte sich in der DDR lange wohl, hatte anders als viele Landsleute auch bis zum Schluss nicht an Flucht gedacht und wohnte bis übers Ende seiner sportlichen Laufbahn hinaus im Plattenbau von Frankfurt/Oder.

Dass "seine" DDR, in der er Olympiasieger und Weltmeister wurde, im Herbst 1989 so schnell zusammenbrach, hatte auch Maske nicht geahnt: "Ich glaube, es gab niemanden zu der Zeit, der das geahnt hätte, was passiert ist. Jeder hat sich die Frage gestellt, wie endet das mit der Massenflucht der DDR-Bürger über Ungarn oder Prag. Niemand konnte diese Dynamik vorausahnen, und zum Glück ist alles weitgehend friedlich verlaufen."

Maske kein Experte mehr

Ende der 1990er Jahre zog es Maske dann auch in den Westen. Von Overath im Rheinland aus führt er seine Geschäfte, ist Franchise-Nehmer von zehn McDonalds-Filialen mit 400 Mitarbeitern.

Seinen Job als TV-Experte ist er erst mal los, nachdem die Boxkämpfe von Sauerland nicht mehr bei der ARD, sondern bei SAT.1 übertragen werden: "Natürlich hat es mir während der vergangenen Jahre bei der ARD als Experte viel Spaß gemacht. Aber Dinge haben einmal einen Anfang und auch ein Ende." Genau wie die DDR.

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