Der Pfad der Zerstörung

Jan Höfling
22. April 201619:07
Gennady Golovkin (r.) feierte in 34 Kämpfen 31 vorzeitige Siegegetty
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Gennady Golovkin verbreitet im Mittelgewicht Angst und Schrecken. Große Namen gehen dem Kasachen aus dem Weg. Die, die sich doch in den Ring trauen, bezahlen einen hohen Preis. Mit jedem Knockout wächst die Legende des WBA-, WBC-Interims-, IBF- und IBO-Weltmeisters. Vor dem Kampf des kasachischen Zerstörers gegen Dominic Wade in Kalifornien wirft SPOX einen Blick auf fünf denkwürdige Box-Abende.

Matthew Macklin (Juli 2013): Knockout in Runde 3

"Das ist nicht normal", analysierte HBO-Experte Max Kellerman. Macklin dürfte sich Kellerman wohl ohne zu zögern angeschlossen haben. Dass sich Golovkin in bester Bill Goldberg-Manier durch das Mittelgewicht schlachtet, dürfte dem Briten irischer Abstammung allerdings bekannt gewesen sein. Macklin, der vor dem Kampf wohl zu den besten fünf Boxern seiner Gewichtsklasse gezählt werden konnte, sah sich einem Gegner gegenüber, der das Wort Gnade wohl nie für sich entdecken wird.

Ohne auch nur eine Sekunde zu zweifeln, marschierte der Kasache vom ersten Gong an auf Macklin zu und ließ es gleich mehrfach ordentlich klingeln. Vor allem die Genauigkeit, mit der Golovkin seinen Kontrahenten in den ersten beiden Runden beinahe nach Belieben sezierte, sorgte nicht nur bei den Experten für Bewunderung. Der Spaß bei seinem Gegenüber dürfte sich indes in Grenzen gehalten haben. In der dritten Runde war dann glücklicherweise auch Schluss.

Nach einem knallharten Körpertreffer musste Macklin, der von weiteren harten Händen mit einem Cut am linken sowie Schwellungen am rechten Auge deutlich gezeichnet war, nicht nur zu Boden, sondern schaffte es unter sichtlichen Schmerzen nicht, den Count von Referee Eddie Cotton zu beantworten. Im Anschluss zeigte sich der Linksausleger, der schon mit einigen Weltmeistern im Ring stand, als fairer Verlierer und bezeichnete Golovkin als den "besten Boxer, dem er jemals gegenübergestanden habe". Zugegeben: Wirklich weit hat er sich damit allerdings angesichts von dessen Leistungen nicht aus dem Fenster gelehnt.

Daniel Geale (August 2014): Technischer Knockout in Runde 3

Im Madison Square Garden bekam es Golovkin etwas mehr als ein Jahr nach der Demonstration gegen Macklin mit Geale zu tun. Oder besser gesagt: Der Australier erlebte seinen schlimmsten Albtraum - live und in Farbe. Das erste Mal fand sich Geale jedoch ohne Einwirkung seines Gegners am Boden. Nachdem der Herausforderer auf Golovkins Mittelgewichts-Titel der WBO mit dem Fuß hängen blieb, ging es abwärts. Wirklich aus dem Konzept ließ er sich davon nicht bringen, dafür sorgte jedoch wenig später Golovkin.

Nachdem Geale mehrfach Treffer am Hinterkopf gesetzt hatte, revanchierte sich der Kasache und schickte seinen Gegenüber mit einer harten Rechten, die ebenfalls einen Teil des Hinterkopfes traf, in der zweiten Runde zu Boden. Kaum wieder auf den Beinen, beschwerte sich Geale bei Ringrichter Mike Ortega aufgrund des "illegalen" Niederschlags. Seine Chancenlosigkeit konnte er damit aber auch nicht überspielen. Vielmehr hatte er seinen Gegner nur noch weiter angestachelt. Golovkin marschierte wie gewohnt nach vorne und drängte Geale in der dritten Runde einmal mehr mit dem Rücken an die Seile.

Der Australier schien jedoch die passende Antwort zu finden - und dürfte die Hoffnungen vieler potentieller Golovkin-Gegner von einer Sekunde auf die andere zerstört haben. Obwohl Geale mit einer starken Rechten direkt traf, gingen nur Sekunden später die Lichter aus. Golovkin steckte den Treffer ohne zu Wanken weg und streckte seinen Kontrahenten mit einem brutalen Konter nieder. Zwar schaffte es Geale wieder auf die Beine, allerdings nur, um mit einem Kopfschütteln auf die Frage, ob er weitermachen möchte, zu antworten.

Marco Antonio Rubio (Oktober 2014): Knockout in Runde 2

Die Zuschauer im StubHub Center dürften sich auf einen richtigen Kampf gefreut haben, wirklich lange dauerte dieser allerdings nicht. Rubio, der aufgrund von 820 Gramm - entspricht einem Big Mac, einer kleinen Portion Pommes (ohne Flatrate) und einer großen Cola - zu viel auf den Rippen nicht um den Titel Golovkins antreten durfte, versuchte zwar mitzuboxen (keine gute Idee), sah gegen seinen Widersacher aber nie auch nur ein bisschen Land und wurde so zu dessen 18. Knockout-Opfer.

Bereits nach einer Minute der zweiten Runde musste Ringrichter Jack Reiss nach einem krachenden linken Haken Golovkins, der seinen Gegner mit dem Rücken an den Seilen hatte, den Fight beenden. Der Einschlag dürfte bis in die letzte Reihe hörbar gewesen sein. Rubio gelang es zwar, am Boden die Orientierung zu erlangen und er schaffte es auch wieder auf die Beine. Den Count konnte er dennoch nicht bewältigen. Der obligatorische Blick der Marke "Hey Ringrichter, der Abbruch war nun aber wirklich zu früh" hätte zudem für keinen Oscar gereicht.

"Der Schlag war richtig hart. Ich wusste, dass ich ihn damit hatte. Ich war froh, dass er offensiv boxte und versuchte, mich zu besiegen. Aber meine Power war einfach zu viel für ihn", analysierte Golovkin mit einem für ihn typischen verschmitzten Lächeln auf den Lippen. Wohlwissend, dass der nächste brutale Knockout-Erfolg bei der weiteren Suche nach passenden und vor allem willigen (!) Gegnern nicht sonderlich hilfreich sein würde.

Martin Murray (Februar 2015): Technischer Knockout in Runde 11

Dennoch fand sich ein nächstes Opfer - und es kam wieder mal von der Insel. An Kampfgeist mangelte es Murray in Monaco zwar nicht, an den Mitteln, seinen Gegenüber unter Druck zu setzen, jedoch schon. Stattdessen dürfte wohl jeder Sandsack in sämtlichen Gyms auf der Welt neidisch auf die Nehmerqualitäten Murrays sein. Denn dieser zeigte sich als zäher Gegner, der eine Menge harter Treffer einstecken musste und auch konnte.

Den letzten Gong erlebte er aber nicht. Nach einem Haken auf die Leber in der vierten Runde ging der Brite zwar das erste Mal zu Boden, schaffte es allerdings rechtzeitig wieder auf die Beine und steckte von da an munter ein. Auch in der Folge dominierte Golovkin den Kampf und prügelte Murray windelweich. In der vorletzten Runde hatte Ringrichter Luis Pabon dann genug gesehen und beendete den Fight vorzeitig. Golovkin konnte durchatmen, Murray auch.

"Gennady hat nun 19 Knockouts in Folge erboxt. Aber er knockt seine Gegner nicht nur in der zweiten oder dritten Runde aus, sondern hat gezeigt, dass er auch bis zum Schluss noch Kraft hat", lobte Promoter Tom Loeffler bei ESPN. "Das ist meine Strategie. Ich mache es die ersten fünf bis sechs Runden spannend, um ihn dann auszuknocken. Er war ein starker Kämpfer, aber mein Plan war es, ihn nach fünf bis sechs Runden K.o. zu schlagen", so Golovkin.

David Lemieux (Oktober 2015): Technischer Knockout in Runde 8

Was hatte Lemieux vor seinem Kampf gegen Golovkin nicht alles rausgehauen. Fast hätte man den Eindruck erlangen können, dass der Kanadier zumindest selbst daran glauben würde, die große Sensation zu vollbringen und seinem kasachischen Gegenüber die erste Niederlage zuzufügen. Da die Wahrheit jedoch im Ring liegt und alle Worte im Vorfeld nur Schall und Rauch sind, sah das Ende etwas anders aus als von Lemieux prognostiziert.

Vor 20.548 Zuschauern im altehrwürdigen Madison Square Garden dominierte Golovkin das ungleiche Duell vom ersten Gong an und schickte Lemieux bereits in der fünften Runde auf den Boden der Tatsachen. Auch im Anschluss zerlegte Golovkin seinen Gegner nach allen Regeln der Kunst. Eine blutende Nase war noch Lemieux' geringstes Problem. Abgesehen von wilden Schwingern in Richtung seines Gegners kam vom Außenseiter nicht wirklich viel.

Als der Kanadier in der achten Runde mit noch 1:32 Minuten auf der Uhr einmal mehr mit dem Rücken an den Seilen stand und vom Kasachen mit knallharten Schlägen in Sandsack-Manier eingedeckt wurde, traf Ringrichter Steve Willis die einzig richtige Entscheidung und brach den Kampf trotz der üblichen Widerworte ab. Vielleicht wäre ein 1-on-2-Handicap-Match mit Murray als lebendigem Schutzschild und Lemieux eine Chance, Golovkin zu schlagen. Vor allem wenn Rubio dann noch den Ringrichter ablenken würde und einen schwarzen Klappstuhl dabei hätte.

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