In Las Vegas kommt es in der Nacht vom 7. auf den 8. Mai (ab 3 Uhr im LIVESTREAM FOR FREE) zum Showdown zwischen Amir Khan und Canelo Alvarez. Im Vorfeld gewährt der Brite einen Einblick in seine Gedankenwelt - und kann über sogenannte Experten nur lachen. Der 29-Jährige über sein vermeintlich schwaches Kinn, den mexikanischer Bulldozer in der anderen Ecke und warum es nie zum Kampf mit Floyd Mayweather Jr. oder Manny Pacquiao kam.
SPOX: Am Samstag ist es endlich soweit, Sie treffen in Las Vegas auf WBC-Mittelgewichts-Weltmeister Canelo Alvarez. Was bedeutet Ihnen dieser Kampf?
Amir Khan: Für mich ist es in erster Linie eine große Herausforderung. Ich habe immer betont, dass ich gegen die Besten boxen will - und Canelo ist definitiv einer der Besten. Genau darum geht es doch im Boxen: Die Fans wollen sehen, wie sich zwei absolute Weltklasseleute in ihrer Prime auf Augenhöhe begegnen. Wir werden ein Riesen-Feuerwerk abbrennen, das niemand so schnell vergessen wird.
SPOX: Der Kampf bekommt sehr viel Aufmerksamkeit, wird aber auch sehr kontrovers diskutiert. Nicht wenige Experten sprechen von einem Mismatch.
Khan: Diese sogenannten Experten sollen ruhig reden - und sich dann am Samstag angucken, was im Ring passiert. Für mich ist das eine sehr komfortable Situation. Es kommt nicht oft vor, dass ich als Außenseiter in den Ring steige. Und wenn die Leute so etwas sagen wie "Der geht doch sowieso K.o.", dann stachelt mich das nur umso mehr an.
SPOX: Fakt ist aber auch, dass Sie Ihre größten Erfolge im Superleichtgewicht gefeiert haben und jetzt zum ersten Mal ganze drei Gewichtsklassen höher im Mittelgewicht antreten. Wie soll das gehen?
Khan: Ganz so groß ist der Sprung ja gar nicht. Ich habe in meinen letzten Kämpfen gegen Luis Collazo, Devon Alexander und Chris Algieri bewiesen, dass ich nach dem Rücktritt von Mayweather und Pacquiao der beste Weltergewichtler auf dem Planeten bin. Und auch wenn gegen Canelo die Mittelgewichts-WM auf dem Spiel steht, boxen wir bei einem Catch Weight von 155 amerikanischen Pfund, das sind gerade mal acht Pfund über dem Weltergewicht. So groß ist der Sprung für mich also gar nicht.
SPOX: Trotzdem sagen alle, dass Canelo deutliche Kraftvorteile hat und dass er einfach ein zu massiger Brocken für Sie sein wird.
Khan: Wie gesagt, ich gebe nicht viel auf diese Prognosen. Man muss ja auch nur auf die reinen Fakten schauen, dann sieht man, dass wir uns im wahrsten Sinne des Wortes auf Augenhöhe begegnen. Wir sind fast gleich groß, und weil er so kurze Arme hat, habe ich sogar die etwas größere Reichweite. Seine vermeintlichen Kraftvorteile mache ich mit Schnelligkeit und boxerischer Qualität wieder wett. Ich bin davon überzeugt, dass ich den Jungen ausboxen und klar besiegen werde.
Let's get ready to rumble! Canelo vs. Khan im LIVESTREAM FOR FREE bei SPOX
SPOX: Diese Meinung haben Sie nahezu exklusiv ...
Khan: Na und? Außer mir muss niemand davon überzeugt sein, dass ich gewinne. Aber ich bin mir sicher, dass viele britische Fans gutes Geld auf mich setzen werden - und die werde ich alle mit Freude ein bisschen reicher machen. Wichtig ist am Ende aber doch eigentlich nur, dass es ein guter Kampf wird. Styles make fights! Canelo ist der Bulldozer, der alles niederwalzt, und ich werde ihn ins Leere laufen lassen und Kreise um ihn herumboxen. Am Ende wird sich zeigen, ob sich rohe Gewalt oder eine schöne Boxkunst durchsetzt. Mehr kann man sich als Zuschauer doch gar nicht wünschen.
SPOX: Ein Grund dafür, dass Ihnen wenig Chancen eingeräumt werden, ist Ihr vermeintlich schwaches Kinn.
Khan: Noch so eine Diskussion, die ich nicht mehr hören kann. Nur weil ich mich von Breidis Prescott habe überraschen lassen, glaubt die ganze Welt, dass ich keine Nehmerqualitäten hätte. Dabei vergessen die Leute zum Beispiel, dass ich Marcos Maidana am Boden hatte - und nicht andersrum.
SPOX: Aber gegen Danny Garcia haben Sie ebenfalls kurzründig verloren. War das der Tiefpunkt Ihrer Karriere?
Khan: Das kann man so sehen. Auf der anderen Seite war es aber auch ein großer Kampf gegen einen starken Gegner. Ich habe einen schlechten Tag erwischt, einen Moment nicht aufgepasst und wurde überrannt. Das kann vorkommen. Ich habe immer betont, dass ich die Scharte gerne auswetzen möchte und mir ein Rematch gegen Danny gut vorstellen kann. Vielleicht kommt es irgendwann dazu. Erst mal konzentriere ich mich aber natürlich voll und ganz auf Canelo.
SPOX: Dann lassen Sie uns über Ihren Gegner sprechen. Was erwarten Sie von Alvarez?
Khan: Dasselbe, was alle erwarten. Canelo kennt eigentlich nur den Vorwärtsgang. Er ist ein guter Boxer, physisch und psychisch enorm stark, aber eben auch ein wenig eindimensional. Ich denke, dass ich das bessere Gesamtpaket zu bieten habe. Aber ich muss natürlich auf seine harten Körper- und Aufwärtshaken aufpassen, muss immer in Bewegung bleiben und darf mich nicht stellen lassen.
SPOX: Wie haben Sie sich auf diesen bislang wohl größten Kampf Ihrer Karriere vorbereitet?
Khan: Jeder Boxer, dem Sie diese Frage stellen, wird immer antworten, dass er gerade das beste Trainingscamp seiner Karriere hinter sich hat. Ich habe noch nie gehört, dass jemand vor dem Kampf sagt: "Ach, wissen Sie, so richtig optimal ist die Vorbereitung nicht gelaufen, und eigentlich bin ich nur bei 50 Prozent." So etwas gibt es nicht, und ich werde damit bestimmt nicht anfangen. Ich bin topfit und optimal eingestellt.
SPOX: Sie haben seit vielen Jahren versucht, einen so großen Kampf zu landen. Doch weder Floyd Mayweather Jr. noch Manny Pacquiao schienen wirklich gegen Sie boxen zu wollen. Warum nicht?
Khan: Ganz einfach: Weil ich Floyd hätte gefährlich werden können - und Manny ebenfalls. Das soll nicht arrogant klingen, aber ich bin nun mal einer der besten Boxer meiner Generation, zehn Jahre jünger als Mayweather oder Pacquiao und deswegen auch schneller. Ich habe eine gute Beinarbeit, ein exzellentes Auge und herausragendes Timing. Ich würde auch nicht gegen mich boxen wollen.
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SPOX: Während darüber spekuliert wurde, ob Sie einen Kampf gegen einen der beiden Mega-Stars landen könnten, wurde hinter den Kulissen überraschenderweise der Deal mit Canelo eingefädelt. Normalerweise sickert in der Boxszene immer etwas durch. Es gibt viel Tratsch und noch mehr Gerüchte. Bei diesem Kampf war das anders. Wie konnte ein so spektakulärer Coup bis zur offiziellen Verkündung geheim bleiben?
Khan: Das hat verschiedene Gründe. Oscar de la Hoya und Golden Boy haben natürlich eine große Rolle gespielt und einen herausragenden Job gemacht. Außerdem kam es uns bestimmt zugute, dass sowohl für Canelo, als auch für mich immer wieder Namen wie Mayweather und Pacquiao gehandelt wurden. Und letztlich waren die Leute natürlich auch überrascht, dass ich den Kampf überhaupt annehme. Aber das hätte sich eigentlich jeder denken können, denn wie ich zu Beginn gesagt habe: Ich will immer gegen die Besten ran.