Der Hüne Anthony Joshua wankte nach dem vierten Niederschlag schwer getroffen in seine Ecke, richtete sich noch einmal auf und wollte zurück in die Schlacht.
Doch Mike Griffin ließ sich nicht beirren. Der Ringrichter schaute dem Champion noch einmal tief in die Augen, dann brach er den Kampf gegen "Klops" Andy Ruiz jr. ab - eine der größten Box-Sensationen der letzten Jahre war besiegelt.
Völlig überraschend hatte der haushoch favorisierte Joshua bei seinem US-Debüt im New Yorker Madison Square Garden den WM-Kampf gegen den krassen Außenseiter Ruiz durch technischen K.o. in der siebten Runde verloren.
Damit musste der zuvor in 22 Kämpfen unbesiegte Brite (21 K.o.) seinem deutlich übergewichtigen Bezwinger auch die Titel der großen Verbände WBO, WBA und IBF überlassen.
Joshua: "Sorry, dass ich sie enttäuscht habe"
Der geschlagene Joshua zollte seinem Kontrahenten "großen Respekt" und sagte: "Sorry an meine Freunde und Unterstützer, dass ich sie enttäuscht habe."
Seit seinem Triumph über Wladimir Klitschko 2017 galt der 29-Jährige im Schwergewicht als das Maß der Dinge, doch gegen den zehn Zentimeter kleineren und wenig austrainierten Ruiz, dem der Bauch über den Hosenbund schwappte, ging Joshua unter. Gegen die flinken Hände des Mexikaners fand er kein rechtes Mittel.
Schon bald aber soll Joshua wiederkommen, dessen Promoter Eddie Hearn kündigte für dieses Jahr ein Rematch an. "Wir machen den Rückkampf in Großbritannien, im November oder Dezember."
Ruiz: "Davon habe ich geträumt"
Ruiz war unterdessen völlig aus dem Häuschen und sprang wild hüpfend durch den Ring.
"Ich danke Gott, dass er mir diesen Sieg geschenkt hat. Davon habe ich geträumt, dafür habe ich hart gearbeitet", jubelte der neue Titelträger, der für seinen großen Mut belohnt wurde.
Der 33. Sieg im 34. Profikampf für Ruiz war auch deshalb so überraschend, weil er kurzfristig eingesprungen war. Joshuas eigentlicher Kontrahent Jarrell Miller (USA) war wegen eines positiven Dopingtests Ende April die Kampflizenz verweigert worden.
Ruiz vermöbelt Joshua
Vor 20.000 tobenden Zuschauern sah es in der dritten Runde zunächst nach einem Sieg für Joshua aus, als er den Gegner mit einem linken Haken zu Boden schickte. Doch Joshua gab seine Deckung zu oft auf und wurde selbst zweimal zu Boden geschickt.
Noch einmal konnte sich der Titelverteidiger in die Pause retten und gewann in der Folge wieder die Kontrolle. Doch in der siebten Runde nahm Ruiz wieder Tempo auf, ging mutig nach vorne und schickte den Olympiasieger von London 2012 mit seinen blitzschnellen Schlagkombinationen zweimal auf die Bretter.
In der Stunde seines Triumphes verwies Ruiz stolz darauf, dass er nun Mexikos erster Schwergewichts-Weltmeister sei. Den Niederschlag in der dritten Runde habe er auch nur verdaut, weil "ich ein mexikanischer Krieger bin", sagte der 29-Jährige.
Wilder ätzt gegen Joshua
Die Boxwelt war erstaunt. "Große Überraschung, Ruiz besiegte Joshua und das Boxen ist wieder aufregend", twitterte der legendäre George Foreman.
Der Triumph für Ruiz ist in der Tat eine der großen Sensationen im Schwergewichtsboxen und erinnert an Mike Tysons Niederlage gegen James "Buster" Douglas 1990 in Tokio.
Joshuas Kontrahent Tyson Fury spendete seinem Landsmann Trost. "So etwas passiert (...): Ruhe dich aus, mach dich fit und komm zurück", schrieb Fury auf Twitter.
WBC-Champions Deontay Wilder meinte hingegen: "Er war kein wahrer Champion. Seine gesamte Karriere bestand aus Lügen und Widersprüchen."