Die Leichtathletik wird kurz der Weltmeisterschaft durch Dopingaffären um zwei 100-Meter-Mitfavoriten erschüttert. Knapp zwei Wochen vor dem Saison-Höhepunkt in Daegu/Südkorea (27. August bis 4. Sepember) gestand am Sonntag die größte US-Hoffnung Mike Rodgers die Einnahme verbotener Substanzen.
Zwei Tage zuvor war der Weltranglisten-Dritte Steve Mullings überführt worden, der 2009 in Berlin an der Seite von Usain Bolt 4x100-m-Gold für Jamaika gewonnen hatte. Dem Wiederholungstäter droht eine lebenslange Sperre.
"Positiv getestet auf ein Stimulanzmittel aus einem Energy Drink" twitterte Rodgers, mit 9,85 Sekunden Nummer vier der Weltrangliste, und sein Manager Tony Campbell gestand: "Er hat einen Fehler gemacht. Er war in Italien mit Freunden in einem Club und dachte, dass er Red Bull trinkt. Aber es war ein anderer Energy Drink. Einer, der eine verbotene Substanz enthält.
Doch Campbell warnt: "Das war ein Stimulanz, kein Steroid. Ich möchte nicht, dass irgendjemand denkt, er wäre ein Junkie."
"Die Ausreden sind das beste daran. So war es auch als vor Olympia 2008 in Peking zwei Jamaikaner aufgeflogen. Die ziehen sich doch alle möglichen Mittel rein. Und die US-Athleten treiben sich auch oft dort herum", sagte der Anti-Doping-Experte Prof. Werner Franke.
Substanz wird analysiert
Rodgers, für die WM in Daegu über 100 und 4x100 m nominiert, droht eine längere Sperre. Wenn er viel Glück hat und sich die Sustanz bei der Analyse als weniger schwerwiegend erweist, werden ihm nur die beim Italien-Aufenthalt in Lignano erzielten Resultate aberkannt. Er war in 10,09 Dritter über 100 m und lief über 4x100 m mit der USA-Staffel Jahres-Weltbestzeit.
"Ich hoffe, dass es vor der WM noch eine Anhörung gibt, so dass ich mein Schicksal kenne", sagte der 26-Jährige. Der US-Verband (USATF) hat Rodgers bislang nicht aus dem WM-Kader gestrichen. "Die US-Anti-Doping-Agentur wird entscheiden, ob Rodgers starten darf", sagte USATF-Sprecher Jill Geer.
Am Mittwoch Öffnung der B-Probe
Bei der USADA wird ein unabhängiges Juristenteam die Entscheidung treffen. Die Öffnung der B-Probe ist für Mittwoch vorgesehen. Der Weltverband IAAF will die Entscheidung des US-Verbandes abwarten und dann entscheiden, ob Rodgers bei der WM startberechtigt ist.
Rodgers steht in der Weltjahresbestenliste in 9,85 Sekunden gleichauf mit dem Olympiazweiten Richard Thompson (Trinidad und Tobago) auf Rang vier hinter Ex-Weltrekordler Asafa Powell (Jamaika/9,78), dem verletzten Ex-Weltmeister Tyson Gay (USA/9,79) und Steve Mullings (Jamaika/9,80).
Mullings und Rodgers erzielten ihre Saisonbestzeit im gleichen Rennen. Damals am 4. Juni wurde Athen-Olympiasieger Justin Gatlin (9,97) in Eugene/Oregon Sechster. Der Ex-Weltrekordler schaffte nach vierjähriger Dopingsperre das Comeback und steht in Daegu wieder im USA-Team (100, 4x100 m).
Mullings droht lebenslange Sperre
Mullings muss damit rechnen, nie wieder laufen zu dürfen, da er 2004 bereits für zwei Jahre gesperrt war. Damals wurde dem heute 28-Jährigen Methyltestosteron nachgewiesen. Nun wurde er Ende Juni bei den nationalen Meisterschaften positiv auf eine maskierende Sustanz getestet. Das bestätigte sein Manager am Freitag.
Nach Angaben von John Regis ist der 28-Jährige bereits Anfang der Woche von der jamaikanischen Anti-Doping Agentur JADCO über das Ergebnis der Probe informiert worden. Mullings lief die 100 m in diesem Jahr sieben Mal unter zehn Sekunden, wurde in Jamaika 200-m-Meister und 100-m-Dritter geworden.
Für Weltrekordler Usain Bolt, nach einer Reihe eher mittelmäßigen Rennen nur Nummer sechs der Weltrangliste gemeinsam mit Landsmann Michael Frater in 9,88 Sekunden, steigen somit die WM-Chancen, selbst wenn er nicht mehr ganz zur Form der vergangenen Jahre finden sollte: Nach dem Ausfall von Gay und im Falle von Sperren für Rodgers und Mullings, wäre der 24 Jahre alte Olympiasieger und Weltmeister dann schon die Nummer drei hinter Landsmann Asafa Powell, dem er 2008 den Weltrekord entrissen hatte.