Das Bier für die Gold-Party mussten die starken Männer über den Zaun ins Athletendorf schmuggeln, doch dann ließen es Kugelstoß-Weltmeister David Storl und seine Gäste so richtig krachen. "Um vier war ich im Bett und musste im Hellen schlafen. Es gab Probleme mit dem Lichtschalter", erzählte der 21 Jahre alte Sensationssieger schmunzelnd.
Am Tag nach dem Triumph als jüngster und erster deutscher Kugelstoß-Weltmeister war der sanfte Riese schon wieder genauso ausgeschlafen wie im Wettkampf. Auch wenn er bereits um zehn Uhr "liebevoll" geweckt wurde. Da lag die Goldmedaille noch in der Sporttasche neben dem Bett.
Public Viewing beim Goldtriumph in der Heimat
Auch in der Heimat wurde kräftig gefeiert. Am Chemnitzer Sportgymnasium, das bereits Lars Riedel und Michael Ballack besucht hatten, gab es ein Public Viewing und schulfrei. Und auch bei den Storls daheim dürfte einiges los gewesen sein. "Ich habe zu Hause angerufen, aber da ist keiner dran gegangen", berichtete der Sohn. Immerhin seine Freundin konnte er erreichen.
David Storl ist ein Phänomen. Auf 1,98 Meter Körperlänge verteilen sich derzeit 124 kg ("Das Ziel sind 130"), die der Chemnitzer explosionsartig durch den Ring bewegen kann. Außerhalb der Wettkampfstätte strahlt Storl eine stoische Ruhe aus. Lächelnd erträgt er den ganzen Rummel um seine Person, der mit dem goldenen Stoß auf 21,78 m begonnen hatte - und nicht enden will.
Nach Diskus-Riese Robert Harting hat Storl die zweite deutsche Goldmedaille bei der WM im südkoreanischen Daegu gewonnen. Zusammen mit dem extrovertierten Berliner könnte er in den nächsten Jahren das Gesicht der deutschen Leichtathletik prägen. Angst davor hat Storl ebenso wenig wie vor den starken, aber alten Männern, denen er am Vorabend die Schau gestohlen hatte. "Ich hätte schon Lust, ins Fernsehen zu kommen. Man muss halt aufpassen und nicht zu viele Termine wahrnehmen. Aber wenn's passt, gerne", sagte Storl.
In diesem Jahr passt bei Storl alles zusammen. Seine persönliche Bestweite hat der schon als "Jahrhunderttalent" gepriesene ehemalige U18-Weltmeister um mehr als einen Meter verbessert. Neben den körperlichen Voraussetzungen bringt Storl die mentale Stärke und ein "sehr gutes Gefühl für die Kugel" mit, wie es sein Trainer Sven Lang ausdrückt.
Zusammen mit den Erfahrungen, die er seit dem Aus in der WM-Qualifikation 2009 in Berlin gesammelt hat, sowie mit dem fast väterlichen Kumpel Ralf Bartels (33) an seiner Seite ist Storl zur absoluten Weltklasse gereift. Und er hat noch Luft nach oben. Vor allem im Kraftbereich. Dafür knallt sich Storl abends ein Kilo Steak in die Pfanne oder isst jeden Tag "drei Packen Quark mit Honig".
Konkurrenz ändert sich
Mit dem Titel von Daegu wird sich für Storl viel verändern. Die Konkurrenz, die nach der Qualifikation noch gefragt hatte: "Who is Storl" ("Wer ist Storl"), wird mehr als ein Auge auf ihn haben.
Doch der Weltmeister macht sich keinen Druck: "Vielleicht stoße ich beim nächsten Mal nur wieder 20,50 Meter. Ich muss versuchen, im nächsten Jahr an meine Leistungen anzuknüpfen", sagte er. Aber natürlich ist auch ihm klar, dass nun bei Olympia 2012 in London Großes von dem sanften Riesen erwartet wird. Im Wettkampf und bei der anschließenden Party.