WM-Teilnehmer oder WM-Zuschauer: Elf Monate nach seiner schweren Knieverletzung gibt Diskus-Olympiasieger Robert Harting am Dienstag die Entscheidung über seinen WM-Start bekannt. Und auch der Leichtathletik-Weltverband IAAF dürfte gespannt nach Kienbaum schauen, ob einer seiner größten Kritiker in wenigen Tagen in Peking (22. bis 30. August) an den Start gehen wird.
"Mein Ziel ist es, für die WM fit zu werden"
"Mein Ziel ist es, für die WM fit zu werden. Aber ich werde nicht das Risiko eingehen, Olympiagold für ein WM-Gold zu riskieren", hatte Harting zuletzt betont. Nach dem Riss des vorderen Kreuzbands und des Innenbands im linken Knie quälte sich der dreimalige Weltmeister monatelang in der Reha, einen offiziellen Wettkampf hat der Berliner seitdem nicht mehr absolviert.
Als Titelverteidiger ist Harting aber ohnehin für die WM in Peking qualifiziert, dort könnte er zum vierten Mal in Serie WM-Gold gewinnen - vor ihm schaffte dies nur Lars Riedel (1991 bis 97). Vom Verband bekam der bekannteste deutsche Leichtathlet ohnehin freie Hand. "Ich habe in Robert und seinen Trainer ein hohes Vertrauen, dass sie die richtige Entscheidung treffen werden", sagte DLV-Cheftrainer Idriss Gonschinska.
Harting konzentrierte sich neben der Reha gleich auf eine ganze Reihe anderer Dinge. Er schloss sein Studium ab, engagierte sich in der Deutschen Sportlotterie (DSL) und in der Diskussion um das geplante deutsche Anti-Doping-Gesetz. Dort nahm er auch vor dem zuständigen Ausschuss des Bundestages Stellung zu den geplanten Regelungen.
klärendes Gespräch mit dem Weltverband
Und erst am Sonntagabend hatte der 30-Jährige nach den letzten Hinweisen auf weitverbreitetes Doping und mögliche Verfehlungen des Weltverbandes auf Anregung seiner Freundin, der deutschen Diskus-Meisterin Julia Fischer, die IAAF in einem Video kritisiert. Unterstützt von weiteren prominenten Sportlern.
"Liebe IAAF, wir können euch nicht mehr trauen. Ihr zerstört unseren Sport, und deshalb müssen wir handeln", hieß es dort. "Die Idee ist von Julia, sie war federführend. Aber ich habe sie gerne bei der Umsetzung unterstützt", sagte Harting: "Nach all den Berichten der letzten Tage haben wir gedacht, dass es an der Zeit ist, etwas zu tun."
Der Weltverband reagierte umgehend und lud den Deutschen zu einem klärenden Gespräch ein. "Robert ist ein großer Champion und eine aufrichtige Stimme im Kampf gegen Doping. Wir würden uns freuen, wenn wir Robert in unserem Hauptsitz begrüßen oder bei einem Wettbewerb mit ihm zusammensitzen könnten. Dann könnten wir ihm erklären, was wir tun und welchen Einschränkungen wir unterliegen", teilte die IAAF auf SID-Anfrage mit: "Wir wären für sein Verständnis und seine Unterstützung dankbar."
Schon im vergangenen Jahr lag Harting mit der IAAF im Clinch. Und gewann. Nachdem er den Weltverband aufgefordert hatte, ihn wegen der Nominierung des ehemaligen Doping-Sünders Justin Gatlin von der Liste zum Welt-Leichtathleten zu streichen, änderte die IAAF später die Regeln. Ehemalige Doper können nun nicht mehr gewählt werden.