Starker Harting, schwacher Harting

SID
Diskuswerferin Julia Harting wurde zum zweiten Mal deutscher Meister
© getty

Gala-Vorstellungen von Robert Harting und Jahrhundert-Talent Konstanze Klosterhalfen, Pleiten für Thomas Röhler und Raphael Holzdeppe - und Christoph Harting erlebte sogar ein Debakel: Bei den deutschen Meisterschaften in Erfurt haben sich die Leichtathletik-Asse nur teilweise in WM-Form gezeigt. Vor allem die Rio-Olympiasieger enttäuschten: Speerwerfer Röhler wurde immerhin Zweiter, Diskus-Riese Christoph Harting verpasste hingegen die Qualifikation für den Saisonhöhepunkt in London.

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Der Thüringer Röhler, der Anfang Mai in Doha den deutschen Rekord auf 93,90 m gesteigert hatte, musste sich beim Heimspiel mit 85,24 m klar dem entfesselt auftretenden Offenburger Johannes Vetter geschlagen geben. "Wir haben einen verdienten Meister, da kann man nur gratulieren", sagte Röhler, der mit der Bahn im Steigerwaldstadion haderte: "Immerhin bin ich noch in einem Stück."

Vetter kratzte mit 89,35 an der 90-Meter-Marke, so weit warf noch niemand bei deutschen Meisterschaften. Röhler und Vetter, Nummer eins und zwei der Welt, sind die größten, wenn nicht die einzigen Titelkandidaten des DLV für die WM (4. bis 13. August).

In London wird Christoph Harting hingegen wohl nicht um Medaillen kämpfen. "Wir haben hoch gepokert und verloren. Wenn es nicht für die WM gereicht hat, dann hat es eben nicht gereicht", sagte er. Der jüngere der Diskus-Brüder kam im Steigerwaldstadion nicht über Platz vier mit schwachen 62,51 m hinaus, verpasste die London-Norm abermals klar.

Harting mit zehntem Titel

2012-Olympiasieger Robert Harting feierte mit 65,65 m seinen zehnten Titelgewinn, den ersten hatte er zehn Jahre zuvor ebenfalls in Erfurt geholt. "Das ist schon cool. Ich bin zufrieden, auch wenn ich immer noch mit einer B-Technik werfe", sagte der dreimalige Weltmeister, der das deutsche WM-Team anführen wird, das der DLV am Mittwoch benennt.

Senkrechtstarterin Klosterhalfen stürmte im Alleingang zum 1500-m-Titel und pulversierte in 3:59,58 Minuten den 40 Jahre alten Meisterschaftsrekord. "Eigentlich kam es mir nicht auf die Zeit an, ich wollte locker laufen. Jetzt ist es aber ein tolles Gefühl", sagte die 20-Jährige.

Robert Hartings Bruder wird im Aufgebot fehlen, seine Frau ist dabei: Julia Harting holte am Sonntag mit 63,63 m ihren zweiten Diskus-Titel. Vorjahressiegerin Nadine Müller fehlte verletzt, dürfte als Jahresbeste aber ebenfalls nach London reisen.

Dort wird auch der frühere Stabhochsprung-Weltmeister Holzdeppe antreten, obwohl der 27-Jährige mit Platz zwei und 5,60 m hinter den Erwartungen zurückblieb. Den Titel sicherte sich höhengleich der 18 Jahre alte Leverkusener Bo Kanda Lita Baehre, der anders als Holzdeppe nicht die WM-Norm erfüllt hat.

Reus: Drittes Sprint-Double

Überragender Sprinter war Julian Reus. Der deutsche Rekordhalter gewann zunächst die 100 m in 10,10 Sekunden zum fünften Mal in Serie und knackte die WM-Norm (10,12). Zum Abschluss triumphierte Reus über 200 m in persönlicher Best- und Normzeit von 20,29 und blieb nur neun Hundertstel über dem deutschen Rekord von Tobias Unger.

Für Reus war es das dritte Sprint-Double - ein Doppelstart bei der WM ist aber gemäß DLV-Richtlinien ausgeschlossen. Bei den Frauen lag Toptalent Gina Lückenkemper über 100 m in 11,10 Sekunden vorne - im Halbfinale hatte die Dortmunderin bereits 11,01 erzielt.

Über 3000 m Hindernis lief die WM-Dritte Gesa Felicitas Krause (9:25,81) einsam an der Spitze - nie war eine Athletin bei deutschen Meisterschaften schneller. Quasi im Vorbeigehen nahm Krause am Sonntag noch den Titel über 5000 m (16:20,10) mit.

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