"Der Start war der Horror, da lief gar nichts, aber es ist immer schön, den ersten Lauf rum zu haben", sagte Bolt hinterher und moserte über den Startblock: "Das sind die schlechtesten, die ich jemals erlebt habe. Ich muss das mit dem Start hinkriegen, so kann es nicht weitergehen."
Der 30-Jährige schüttelte auch ein bisschen den Kopf, wirkte insgesamt aber vor seinem letzten großen Einzelrennen deutlich besser in Form als zuletzt. Am Samstag folgt in der britischen Hauptstadt dann die große Gala mit dem Finale, zuvor stehen aber noch die Halbfinals an.
Dort wird der deutsche Meister und Rekordler Julian Reus fehlen. Der 29-Jährige blieb in 10,25 Sekunden deutlich über seiner Saisonbestleistung und als Sechster seines Vorlaufs schon in der ersten Runde hängen. Reus fehlte am Ende eine Hundertstelsekunde zum Halbfinale.
Justin Gatlin ausgebuht
Der Olympiazweite Justin Gatlin wurde als schon mehrfach überführter Dopingsünder von den Fans ausgebuht, zeigte aber keine Nerven. Der US-Amerikaner lief in 10,05 Sekunden ebenso souverän ins Halbfinale wie der Jahresschnellste Christian Coleman (10,01/USA). Schnellster der Vorläufe war Bolts Landsmann Julian Forte in 9,99 Sekunden.
Der Kanadier Andre De Grasse, der bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro im vergangenen Jahr Silber (200 m) und Bronze (100 m) gewonnen hatte, musste seinen Start wegen einer Oberschenkelverletzung absagen.
Welcher Druck?
Mit seiner Saisonbestleistung von 9,95 Sekunden ist Bolt zwar nur die Nummer sieben der Welt, ihn zwickte zuletzt einmal mehr der Rücken, aber der Großmeister ließ im Vorfeld keine Zweifel aufkommen, dass er auch in London die Nummer eins sein will. "Es ist eine WM, ich war schon viele Male an diesem Punkt. Es ist Zeit loszulegen. Also lasst uns loslegen", hatte er gesagt. Druck? Welcher Druck? "Wenn ich bei einer Weltmeisterschaft antrete, solltet ihr wissen, dass ich vollstes Vertrauen in mich habe. Ich bin bereit." Weitere Fragen? Überflüssig.
Sollen doch andere an ihm zweifeln, Bolt selbst zweifelt vor dem letzten Wettkampf seiner Laufbahn nicht. "Ich denke, ich bin eine Legende", sagte der Mann, der die Leichtathletik in den vergangenen zehn Jahren geprägt hat wie niemand zuvor.
2008 ging der Stern des großen Sprinters aus dem kleinen Dorf Sherwood Content auf, bei Olympia in Peking stürmte der damals 21-Jährige zu globalem Ruhm. Acht olympische Goldmedaillen nennt Bolt sein Eigen, elf Triumphe schaffte er bisher bei Weltmeisterschaften - keiner hat mehr Titel als Bolt. Dabei wollte er als kleiner Junge viel lieber Cricket-Profi werden. Doch nun fällt der Vorhang. Endgültig. "Ich will einfach nur gewinnen", sagte Bolt - und als König abtreten.