Formel-3-Fahrer David Beckmann im Interview: "Dann hätte ich ein F1-Cockpit quasi sicher"

Dominik Geißler
19. Juli 201815:14
David Beckmann fährt 2017 seine zweite Formel-3-Saisongetty
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David Beckmann ist einer der vielversprechendsten Nachwuchsrennfahrer Deutschlands. Vor dem Start in die neue Formel-3-Saison spricht der 16-Jährige im Interview mit SPOX über seine Ziele in diesem Jahr, Red-Bull-Pilot Max Verstappen, finanzielle Sorgen und Ärger mit seinem Geburtsdatum. Zudem äußert er sich zu Fahrerkollege Mick Schumacher.

SPOX: Herr Beckmann, die neue Formel-3-Saison steht an und damit für Sie das zweite Jahr in dieser Serie. Welche Ziele haben Sie für 2017? Immerhin sind Sie nun kein Rookie mehr.

David Beckmann: Für mich geht es in erster Linie um Konstanz. Ich möchte also nicht in einem Rennen ganz oben und im nächsten wieder ganz unten sein, sondern stetig Punkte sammeln. Am Ende der Saison will ich dann in den Top 5 stehen.

SPOX: Letztes Jahr gingen Sie für Mücke Motorsport an den Start, nun fahren Sie für das niederländische Team Van Amersfoort Racing. Warum der Wechsel?

Beckmann: Van Amersfoort ist ein Top-Team und hat eine lange Geschichte. Bei VAR hat man als Fahrer mehr Möglichkeiten, zudem haben sie schon mit vielen späteren Top-Fahrern zusammengearbeitet. Beim Testen kann ich jetzt zum Beispiel mal einen Reifensatz mehr fahren - solche kleinen Dinge sind für mich wegen meiner noch geringen Erfahrung extrem wichtig. Dazu habe ich jetzt statt einen gleich drei Teamkollegen und kann meine Daten besser vergleichen. Das ist im heutigen Formelsport essentiell.

SPOX: Gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass Sie nun mehr Erfolgsdruck haben. Wie gehen Sie damit um?

Beckmann: Druck verspüre ich keinen. Ich gehe wie immer ganz entspannt in die Saison und bin zuversichtlich, dass es auch gut laufen wird. Ich freue mich einfach auf die Rennen. Ich sage sowieso immer: Es kommt, wie es kommt.

SPOX: In der Saison 2014 griff für Van Amersfoort kein Geringerer als Max Verstappen ins Lenkrad. Was denken Sie über Ihren "Vorgänger"?

Beckmann: Er ist ohne Frage ein großes Vorbild für mich. Verstappen setzt sich ins Auto und ist sofort schnell. So etwas kommt im Motorsport nicht oft vor.

SPOX: Er gilt dabei als ein Fahrer, der seinen Wagen immer im Grenzbereich bewegt.

Beckmann: Genau das ist das Besondere an ihm. Er fährt, ähnlich wie Aryton Senna früher, immer am Limit - egal, auf welcher Strecke, egal, zu welchem Zeitpunkt. Das macht ihn so schnell, kann aber auch schnell mal in die Hose gehen und in Unfällen enden. Da muss man natürlich aufpassen. Für uns im Team hat er damals in der Formel 3 jedenfalls gute Daten hinterlassen, davon profitiere ich jetzt auch.

SPOX: Verstappen stieg nach nur einem Jahr in der Formel 3 direkt in die Formel 1 auf. Wie sehen Ihre nahen Zukunftspläne aus?

Beckmann: Im Moment zählt für mich nur die Formel 3. Als junger Pilot sollte man den Karriereverlauf ohnehin nicht zu genau planen, weil neben dem Talent auch andere Dinge zählen.

SPOX: Sie meinen den finanziellen Aspekt?

Beckmann: Richtig. Motorsport ist ziemlich teuer und entsprechend kann alles ziemlich schnell vorbei sein. Darüber muss man sich als Nachwuchsfahrer immer im Klaren sein.

SPOX: Gerade dann, wenn man wie Sie nicht aus einer Familie mit dem finanziellen Background eines Schumachers, Verstappens oder Ihres Ex-Formel-3-Kollegen Lance Stroll kommt. Was tun Sie gegen Ihre Sorgen?

Beckmann: Mittlerweile haben wir ein gutes Team mit einigen starken Partnern an Board. Das macht mich stolz und das Vertrauen will ich bestmöglich zurückgeben. Generell kann ich aber nicht viel mehr machen als schnell zu sein.

SPOX: Einige Formel-3-Fahrer haben sich als Formel-1-Testfahrer der Königsklasse genähert. Gibt es diesbezüglich schon konkrete Pläne?

Beckmann: Nein, das steht bei mir noch nicht auf der Liste. Warum sollte ich für die Formel 1 testen, wenn ich Formel 3 fahre? Außerdem geht bei dem aktuellen Programm schon viel Zeit drauf und für die Königsklasse bin ich wohl auch noch etwas jung.

SPOX: Ihr Geburtstag fällt auf den 27. April. Damit haben Sie 2015 das untere Alterslimit in der Formel 4 sowie ein Jahr später in der Formel 3 nur um wenige Tage verpasst und mussten jeweils die ersten Saisonläufe ausfallen lassen - ein klarer Wettbewerbsnachteil. Haben Sie sich manchmal geärgert, keine Frühgeburt gewesen zu sein?

Beckmann: (lacht) Ja, das wäre in dem Fall wohl wirklich gut gewesen. Die Rennen nur im Fernsehen verfolgen zu können, war immer blöd. Man verpasst ja nicht nur mögliche Punkte, sondern verliert auch an zusätzlicher Erfahrung. Umso mehr freue ich mich aber dafür jetzt auf mein erstes komplettes Formel-Jahr.

SPOX: Gleichzeitig bedeutete die Altersgrenze, dass Sie auch stets der Jüngste in den jeweiligen Rennserien waren. Wurden Sie von der Konkurrenz dennoch immer ernst genommen?

Beckmann: Ja, das war nie ein Problem. Meine Gegner haben mich respektiert und ich sie. Wenn ein Fahrer jünger als ich wäre - was ja eigentlich fast unmöglich ist (lacht) -, würde ich ihn auch genauso behandeln wie alle anderen. Auf der Strecke bist du Rivale, außerhalb davon Freund.

SPOX: Wie bereits erwähnt, fuhren Sie 2015 in der Formel 4 - genau wie Mick Schumacher, den Sie schon aus gemeinsamen Kartzeiten kennen. Wie kommen Sie mit ihm auf und neben der Strecke zurecht?

Beckmann: Super. Klar sind wir auf der Strecke Konkurrenten, aber außerhalb reden wir auch mal miteinander und machen zusammen Blödsinn. Nichts Wildes natürlich, nur ein paar Witze.

SPOX: Obwohl in der Formel 4 viele - Sie eingeschlossen - hochtalentierte Fahrer unterwegs waren, richtete sich die mediale Aufmerksamkeit nahezu gänzlich auf Mick Schumacher. Das könnte auch in der Formel 3 der Fall sein. Wird man da manchmal neidisch? SPOXspox

Beckmann: Im Gegenteil, ich sehe das für mich eher positiv. Durch Mick ist die Präsenz der Formel 3 im Allgemeinen größer und damit für Sponsoren interessanter geworden. Davon profitiere auch ich. Insofern gibt es da keinen Neid.

SPOX: Red Bull und Mercedes sind für ihre Nachwuchsprogramme bekannt. Sie fahren mit einem Motor der Stuttgarter, auf Ihrem Helm tritt Red Bull als Sponsor auf. Wenn Sie die Qual der Wahl hätten: Für welches der beiden Junior-Programme würden Sie sich entscheiden?

Beckmann: Eine sehr schwierige Frage, weil beide Teams zum Allerbesten gehören. Das ist, als ob man sich zwischen Essen und Trinken entscheiden müsste. Wenn ich aber eines Tages tatsächlich die Qual der Wahl hätte, wäre das natürlich nicht nur ein Luxusproblem, sondern würde bedeuten, dass ich alles richtig gemacht und ein Formel-1-Cockpit quasi sicher hätte. Also können sich gerne beide Teams bei mir melden. (lacht)

SPOX: Mit welchem Formel-1-Piloten würden Sie Ihren Fahrstil am ehesten vergleichen?

Beckmann: Ohne die genauen Daten zu kennen, ist das natürlich schwer zu beantworten. Und generell sehe ich mich da in keinem Vergleich, weil jeder Fahrer seine eigene Herangehensweise und Fahrstil hat. Ich bewundere sowohl den Fahrstil von Nico Rosberg wie auch den von Lewis Hamilton. Beide haben ja schließlich zum Erfolg geführt.

SPOX: Motorsport auf professionellem Niveau heißt auch schon im Jugendalter viel reisen, trainieren und testen. Gleichzeitig gehen Sie aber auch noch zur Schule. Wie bleibt da noch Zeit für Freunde und Freizeitaktivitäten?

Beckmann: Das alles unter einen Hut zu bekommen, ist in der Tat nicht einfach. Neben dem Motorsport beansprucht die elfte Klasse im Gymnasium auch viel Zeit, somit bleibt nicht viel für Freizeit oder um Freunde zu treffen. Für mich ist das aber kein großes Problem, da ich das seit meiner Kartzeit nicht anders kenne und alles gerne für den Erfolg in Kauf nehme.

SPOX: Gibt es einen Plan B, falls es am Ende doch nicht mit dem Motorsport klappt?

Beckmann: Konkret nicht, aber natürlich muss man sich dann auch dieser Situation stellen. Ich will auf jeden Fall ein gutes Abi machen und dann würde ich schauen, was mir am meisten Spaß macht. Aber ich hoffe sehr, dass mich der lange Weg bis hierher auch an mein Ziel führen wird.