Frey: "Nicht nur eine Quotenfrau"

Von Interview: Alexander Mey
Schweizer Frauenpower im Motorsport: Rahel Frey, Natacha Gachnang und Cyndie Allemann (v.r.)
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Rahel Frey ist auch 2012 wieder die Frau im Team von Audi. Obwohl sie zugibt, 2011 unvorbereitet und überfordert gewesen zu sein, bekommt sie eine zweite Chance. Im SPOX-Interview erklärt sie, wie sie 2012 den Jungs Dampf machen will, nimmt Stellung zum bösen Wort "Quotenfrau" und spricht über Danica Patrick, Pfadfinder und Frauenpower aus der Schweiz.

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SPOX: Wie 2011 bilden Sie wieder mit Susie Wolff das Frauen-Duo in der DTM. Welche Lehren haben Sie aus Ihrem Debütjahr gezogen?

Rahel Frey: Wenn ich zurückblicke, bin ich etwas unwissend in die Saison gegangen. Ich hatte vor der Saison nur zwei Testtage, das war viel zu wenig. Die Folge war: Ich war nicht so abgeklärt, wie ich sein sollte und auch wollte. Es war alles sehr schwierig.

SPOX: Warum wird es 2012 besser?

Frey: Weil ich deutlich mehr Testkilometer abspulen konnte. Das hat mir extrem geholfen. Jetzt setze ich mich ins Auto und weiß genau, was ich machen muss. Auch mit meinem Team kann ich mich so viel besser verständigen und besseres Feedback geben. Außerdem habe ich mich vom technischen Verständnis her deutlich weiterentwickelt. Dafür war vor einem Jahr überhaupt keine Zeit. Und auch mental und physisch bin ich in meiner zweiten Saison viel besser vorbereitet. Ich will vor allem in den Qualifyings besser abschneiden und bei den Starts abgebrühter sein. Jetzt werde ich in der ersten Kurve auch mal dagegen halten.

SPOX: Hat Sie das hohe Niveau in der DTM auch ein wenig geschockt?

Frey: Natürlich wusste ich, dass das fahrerische Niveau sehr hoch ist. Dass es für mich aber so schwierig werden würde, habe ich nicht gedacht. Ich war schlichtweg nicht gut genug vorbereitet für diese Rennserie, das muss man ganz klar sagen.

SPOX: Haben Sie befürchtet, dass Audi Ihnen keine zweite Chance mehr geben würde?

Frey: Ich hatte selbstverständlich Zweifel. Schließlich wusste ich, dass alle einen tollen Job gemacht und alles gegeben haben, um in der DTM zu bestehen. Filipe Albuquerque und Edoardo Mortara waren ja auch gleich in unserer ersten Saison auf dem Podium. Ich habe gezittert, aber auch auf diese zweite Chance gehofft. Dass ich die nun bekommen habe, erfüllt mich mit Stolz, denn es zeigt, dass Audi meine Qualitäten trotz aller Probleme erkannt hat.

SPOX: Haben Sie keine Angst, nur die Quotenfrau bei Audi zu sein?

Frey: Das höre ich immer wieder. Ich habe aber keine Probleme damit, denn es gibt nun einmal nicht viele Frauen im Motorsport. Dass Audi und Mercedes uns Frauen nutzen, um das Interesse der Medien anzukurbeln, ist völlig verständlich. Das hat vielleicht bei der Entscheidung geholfen, mir ein Cockpit zu geben, aber letztlich geht es auch bei mir nur um die Leistung auf der Strecke. Für mich besteht der Antrieb darin zu beweisen, dass ich eben nicht nur die Quotenfrau bei Audi bin. Das ist eine zusätzliche Motivation. Wenn mir das nicht gelingt, bin ich schnell wieder weg vom Fenster. Und das will ich natürlich nicht.

SPOX: 2012 ist die Zeit der Vorjahreswagen vorbei. Alle haben das gleiche Material und die gleichen Voraussetzungen, auch Sie. Chance oder Druck?

Frey: Beides. Die Chance ist riesig, denn ab jetzt kommt es wirklich auf den Fahrer an, auf sein Können im Cockpit, aber auch auf seine gute Zusammenarbeit mit dem Team. Auf der anderen Seite weißt du aber auch, dass du allein für das Ergebnis verantwortlich bist. Du musst Leistung bringen, denn jetzt sind wirklich alle vergleichbar.

SPOX: Sie kommen eigentlich aus dem Formelsport. Ist die DTM trotzdem ein Glücksfall oder eher ein nicht geplanter Umweg?

Frey: Ganz klar ein Glücksfall. Ich bin unglaublich dankbar für die Chance, in der DTM fahren zu dürfen. Bis 2009 bin ich Formel 3 gefahren, hatte danach aber nicht mehr das finanzielle Budget um weiterzumachen. Umso glücklicher bin ich über die Möglichkeit, mich in der DTM zu beweisen. Klar, dass ich die auch nutzen will.

SPOX: Ist der Schritt in den Tourenwagen endgültig oder gibt es einen Weg zurück?

Frey: Die Möglichkeit zur Rückkehr gibt es vielleicht schon irgendwie, aber du musst für dich genau wissen, was du noch erreichen willst. Ich sehe die DTM als eine Chance, auf die ich mich hundertprozentig konzentriere. Mein Plan ist schon, mich möglichst langfristig an Audi zu binden. Und da gibt es ja hausintern auch tolle Möglichkeiten.

SPOX: Zum Beispiel?

Frey: Le Mans! (lacht) Ich weiß, das mögen nicht alle, aber ich durfte dort schon einmal in einem kleineren Team dabei sein und die Atmosphäre ist einfach Wahnsinn. Ich muss aber auch sagen, dass es für mich als Rennfahrerin schwierig war, mein Auto mit anderen zu teilen. Ich bin also ganz froh, in der DTM mein eigenes Auto zu haben.

SPOX: Was ist aus dem Jugendtraum Formel 1 geworden?

Frey: (lacht) Das ist schon lange her. Ich habe natürlich davon geträumt, in die Formel 1 zu kommen, und Träume darf man schließlich haben. Das ist aber kein realistisches Ziel mehr. Wenn mir natürlich jemand einen Test anbieten würde... (lacht) Vielleicht muss ich Audi überreden, in die Formel 1 einzusteigen.

SPOX: Wie kommt ein junges Mädchen in der Schweiz eigentlich zum Rennfahren?

Frey: Durch meinen Vater. Er ist früher Kart- und Bergrennen gefahren und hat uns immer wieder mit an die Rennstrecke genommen. Da will man sich dann natürlich auch selbst mal ausprobieren. So bin ich mit zwölf Jahren zum Kartsport gekommen.

SPOX: Waren Sie in der Jugend das einzige Mädchen im Rennanzug?

Frey: Nein, wir waren seit den Anfängen im Kart eigentlich immer zu dritt. Cyndie Allemann, Natacha Gachnang und ich. Das war schon immer ein Frauen-Dreikampf, der uns auch gefördert hat. Wir haben uns gegenseitig nach oben gepusht und es alle drei auch relativ weit gebracht. Ich finde es speziell, dass die kleine Schweiz so viele Frauen im Motorsport weit nach oben bringt.

SPOX: Womit haben Sie als Kind gespielt, Barbie oder Carrera-Bahn?

Frey: (lacht) Weder noch. Ich bin in der Natur groß geworden und war mit meinem Bruder bei den Pfadfindern. Ich habe also am liebsten draußen gespielt.

SPOX: Sie betonen immer wieder, sehr bodenständig erzogen worden zu sein. Ist das Grundvoraussetzung, um als Mädchen im Motorsport erfolgreich zu sein?

Frey: Grundvoraussetzung würde ich nicht sagen, aber mir hat es immer geholfen. Ich habe früh gelernt, dass ich für alles, was ich erreichen will, Einsatz bringen muss.

SPOX: Danica Patrick geht in den USA einen etwas anderen Weg. Sie ist nicht nur Rennfahrerin sondern auch Werbeikone und bei bestimmten Gelegenheiten auch mal Glamour-Girl. Wäre das auch etwas für Sie?

Frey: (lacht) In Amerika ist das alles etwas anders. Danica macht einen tollen Job und verdient bestimmt ihr gutes Geld. Aber jeder muss seine Prioritäten auf dem Weg zu dem, was er erreichen will, individuell setzen. Und meine ist das Podium in der DTM.

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