Von wegen: Nur Show. Von wegen: Es geht um nichts. Wer den Siegern beim DTM-Showrennen im Münchener Olympiastadion auf dem Podium und in der Pressekonferenz in die Gesichter geschaut hat, bekam einen anderen Eindruck.
Jede Menge Freude und Erleichterung waren da zu sehen. Bei Ralf Schumacher, bei Mattias Ekström, bei Timo Scheider. Für sie war München nicht nur Show, es war Seelenmassage.
Krisenbewältigung bei Schumacher, Ekström und Co.
Schumacher feierte am Samstag im Teamwettbewerb seinen ersten DTM-Sieg überhaupt und sagte: "Ich könnte mich daran gewöhnen." Ekström, der 2012 den DTM-Titel gewinnen wollte, stand nach seinem Sieg im Einzelrennen am Sonntag erstmals seit dem Saisonauftakt in Hockenheim wieder auf dem Podium.
"Damals habe ich Gary Paffett gesagt, dass ich nächstes Mal ganz oben stehen würde. Ich hätte niemals geahnt, dass es mein letzter Besuch auf dem Podest sein würde", sagte Ekström und gestand: "Ich muss aber sagen: Der Champagner schmeckt wieder."
Auch für Doppel-Champion Scheider war der zweite Platz am Samstag ein Lichtblick in einer von vorne bis hinten verkorksten Saison: "Das ist mal ein erster Schritt. Das Podium fühlt sich mal wieder gut an."
BMW überragend - nur beim Heimspiel nicht
So hatte das Wochenende in München dafür, dass es eigentlich um nichts ging, doch ganz schön viele sportliche Sieger.
Ausgerechnet BMW war nicht dabei. Beim ersten Auftritt "im Wohnzimmer im Schatten des Vierzylinders", wie Motorsportchef Jens Marquardt nicht ganz ohne Stolz formulierte, war der geteilte dritte Platz von Bruno Spengler am Sonntag die beste Platzierung.
Völlig untypisch für eine Comeback-Saison in der DTM, die mit einem Sieg und sechs Podestplätzen kaum besser laufen könnte. BMW beeindruckt aber eben nur, wenn es auch wirklich um etwas geht. So leid es allen Beteiligten für die BMW-Fans im Olympiastadion auch getan hat.
Samstag pfui, Sonntag hui
45.000 Zuschauer sind am kompletten Wochenende gekommen - trotz Kälte und Regens am Sonntag - und haben nach einem relativ tristen Bild am Samstag am Sonntag für sehr gute Stimmung gesorgt.
Am größten war der Jubel nach dem knappen Ausscheiden von DTM-Champion Martin Tomczyk im BMW im Viertelfinale. Dramatisch war's und Tomczyk als Rosenheimer, der "endlich mal wieder bayrisch reden durfte", wie er sagte, eben der Lokalheld der Fans.
"Wir waren hier die Anfänger und haben teilweise Anfängerfehler gemacht", fasste Marquardt aus sportlicher Sicht zusammen.
BMW, Mercedes und Audi auf der Suche nach neuen Fans
Aber auch ihm war an der Lockerheit und dem permanenten Lächeln im Gesicht anzumerken, dass der komplette Event für BMW ein Erfolg war. Endlich konnte sich das DTM-Projekt den heimischen Fans einmal hautnah präsentieren. Die Fahrer, die Autos, auch den Sportchef gab es für jedermann zum anfassen. In der prestigeträchtigen BMW Welt direkt neben dem Stadion reihte sich ein PR-Event an den anderen.PR ist das, was sich die DTM grundsätzlich vom Showrennen in der Stadt verspricht. Daran haben Mercedes und Audi ebenso viel Interesse wie BMW.
Mit dem Ziel, die DTM zu den Leuten zu bringen, die nicht die Hardcore-Motorsportfans sind, sondern sich überlegen, ob sie sonntags ins Kino, in den Park oder eben zur DTM ins Olympiastadion gehen, wurde das Projekt vor einem Jahr gestartet.
Neue Streckenführung wertet Event deutlich auf
In der zweiten Auflage 2012 wurden viele Kinderkrankheiten ausgemerzt. Die Streckenführung wurde stark verändert, die Autos fuhren nun auf parallelen Kursen in die gleiche Richtung, nicht wie 2011 in entgegen gesetzte.
"Die neue Streckenführung ist sehr gut, weil die Zuschauer und auch wir als Fahrer genau sehen können, wer im Rennen vorne liegt", erklärte Jamie Green, Sieger im Team und Zweiter im Einzelrennen.
Schumacher, der zusammen mit Green am Samstag im Team gewonnen hatte, lobte die Strecke ebenfalls: "Sie ist nicht mehr mit 2011 zu vergleichen. Wir haben diesmal mehr Grip und mehr Auslaufzonen. Das heißt, wir können bis ans Limit pushen, ohne direkt in die Mauer zu knallen."
Das freute die Sportchefs aller drei Hersteller besonders. Denn ganz im Gegensatz zu 2011 gab es diesmal keinen einzigen Unfall, bei dem ein Auto nachhaltig beschädigt wurde. Das spart Geld - und zwar eine Menge.
Anwohner beschweren sich über den Lärm
Bei so vielen guten Nachrichten überrascht es nicht, dass sich die Verantwortlichen der DTM und des Veranstalters sehr um eine Verlängerung des 2013 auslaufenden Vertrags bemühen.
Das ist jedoch nicht ganz unproblematisch, denn nicht einmal die stets um Harmonie bemühten DTM-Verantwortlichen verschwiegen, dass es Probleme mit Anwohnern des Olympiaparks gibt, die sich üben den Lärm beschweren.
"Uns ist wichtig, dass wir das Gefühl haben, willkommen zu sein", sagte Jürgen Pippig, Vorstand der DTM-Organisationsgesellschaft ITR, und betonte mit fast schon übertriebenem Nachdruck: "Hier haben wir dieses Gefühl."
Punkte für Stadionrennen nicht ausgeschlossen
Sollte das so bleiben, sehr gut, denn München profitiert von der medialen Aufmerksamkeit, die die DTM erzeugt, nicht unerheblich. Ändert sich am Wohlbefinden der Verantwortlichen aber irgendwann etwas, dann ist auch eine Tour des Stadionevents durch einige andere Städte vorstellbar.
Ebenso wie die Aufwertung durch die Vergabe von Meisterschaftspunkten. Im Moment sind noch fast alle - vor allem die Fahrer - dagegen. Aber Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug hat das Thema trotzdem nicht abgehakt. "Darüber wird viel diskutiert und wir werden weiter nach einem Modus des Events suchen, nach dem man eventuell Punkte vergeben könnte."
Mit gutem Gefühl in die Sommerpause
Über die hätten sich die Sieger Schumacher und Ekström sicher noch mehr gefreut. So bleibt ihnen aber immerhin ein positives Gefühl, mit dem sie in die fünfwöchige Sommerpause gehen.
Danach geht es am Nürburgring weiter - ohne Stadion, aber dafür wieder mit Punkten.
Die DTM-Saison im Überblick