Die Zweiklassengesellschaft

Gunnar Göpel
06. Juni 201311:28
Der amtierende Champion Bruno Spengler gewann zuletzt das Rennen in Spielberggetty
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Nach drei Rennen erweckt die DTM den Anschein einer Zweiklassengesellschaft. BMW feiert Erfolg um Erfolg, obwohl auch bei den Münchnern nicht alles glatt läuft. Bei Mercedes und Audi schlagen sich vor allem die nominellen Spitzenpiloten mit Problemen herum. Bisher konnte nur einer in die Bresche springen.

Fahrerwertung:

Wenn drei BMW-Piloten unter den ersten vier Fahrern sind, dann ist der Saisonstart einfach bärenstark. Vorjahresmeister Bruno Spengler (56 Punkte) führt die Fahrerwertung mit zwölf Punkten Vorsprung an. Dem Kanadier folgt die neue Audi-Speerspitze Mike Rockenfeller (41). Auf den Plätzen drei und vier liegen der schnelle Brasilianer Augusto Farfus (33) und Neuling Marco Wittmann (32). Krass: Audi-Neuling Jamie Green hat bisher keinen Punkt holen können. Damit ist er nicht allein: Von 22 Piloten holten bisher nur 14 Meisterschaftspunkte.

Herstellerwertung und Teamwertung:

BMW dominiert auch hier fast nach Belieben. In allen drei Rennen fuhren die Münchner mehr Punkte als ihre Konkurrenz ein und führen die Markenwertung mit 171 Punkten an. Audi (67) und Mercedes (65) müssen endlich aufwachen, damit die Saison nicht bereits zur Halbserie verloren ist. Auch der Zwischenstand in der Teamwertung spricht Bände. Auf den ersten drei Plätzen liegen die BMW-Teams Schnitzer (Spengler/Werner), RBM (Hand/Farfus) und MTEK (Glock/Wittmann). SPOX

Die neue Technik:

DRS und Optionsreifen sind schon jetzt ein Gewinn für Fahrer und Zuschauer. Sie trugen zu einem unterhaltsamen Renngeschehen bei und erlaubten Überholmanöver, wo eigentlich kein Platz war. Es bleibt jedoch noch abzuwarten, ob die Optionsreifen nicht zu langlebig sind. Vor allem in Hockenheim baute der Reifen ziemlich langsam ab und erlaubte längere Stints als erwartet.

Die Teams:

BMW

BMW hat sich im Sommer nicht auf den Lorbeeren des letztjährigen Triumphes ausgeruht. Auch ein Jahr nach dem DTM-Comeback zeigen die Bayern Expertise und Fortschritt. Die Fahrer zeigten fast durch die Bank gute Leistungen.

Als amtierender Meister ist Bruno Spengler mit einer Extraportion Druck in die Saison gestartet. Davon ließ sich der 29-Jährige nicht beeindrucken. Er hielt sich clever aus Kollisionen heraus und fuhr konsequent Punkte ein. Die Platzierungen Fünfter, Zweiter und Sieger sind verdient.

Die Überraschung der Saison ist DTM-Neuling Marco Wittmann. Im Interview mit der "Nürnberger Zeitung" verriet der 23-Jährige sein Erfolgsrezept: "Auch als Rookie zeige ich meine Zähne. Ich schrecke nicht zurück, weil manche länger in der DTM sind." Beim Saisonauftakt auf dem Hockenheimring kam der MTEK-Pilot auf einem ordentlichen 9. Platz in das Ziel.

In England fuhr der BMW-Youngster als Vierter zwölf Meisterschaftspunkte nach Hause. In Spielberg gelang Wittmann sogar der Sprung auf Rang zwei: "Ich hatte die schnellste Rennrunde, auf zwei zu fahren ist ein richtig geiler Erfolg, einfach klasse! Das Team ist happy, und ich bin es auch."

Augusto Farfus war auch in der letzten Saison schnell, doch dem Brasilianer fehlte das letzte Quäntchen Konzentration und Timing bei Überholmanövern. In Hockenheim startete er von Position 2 und gewann den Saisonauftakt. Trotz Ausfall in Brands Hatch liegt der 29-Jährige auf Rang drei der Fahrerwertung und darf sich berechtigte Hoffnungen auf den ganz großen Coup machen.

Die Martin-Tomczyk-Kolumne bei SPOX

Im Gegensatz zu seinen betagten Vorgängern David Coulthard und Ralf Schumacher, die ihre Karriere in der DTM ausklingen ließen und lediglich mit ihren Namen Glanz versprühten, wirkt Timo Glocks Engagement wohl überlegt. Es hat bislang eher den Anschein eines Comebacks mit zwei Rennen Eingewöhnungszeit. Im dritten Saisonlauf im österreichischen Spielberg stand der 31-Jährige bereits auf dem Podium. Doch Glock stapelt tief.

Er sieht sich immer noch als Lehrling. Das Understatement des charismatischen BMW-MTEK-Piloten ist lobenswert. Jedoch: Wer bei einem irren Zwischenspurt pro Runde bis zu zwei Sekunden schneller fährt als die Rennspitze und von Startplatz 13 durch das Feld rauscht, um am Ende auf dem Podium zu landen, ist angekommen. Glock und sein "Yellow Biest" - eine Beziehung, die noch viel Spaß machen könnte. Und die Flüche im Teamradio, als Glock in den ersten beiden Rennen mehrfach geschoben und geschubst wurde, haben der Unterhaltung der Fernsehzuschauer sicher keinen Abbruch getan.

Der stets gut gelaunte US-Sunnyboy Joey Hand ist in der DTM angekommen. Seine Qualifying-Leistungen sind stark verbessert, auch die nötige Rennpace hat er gefunden. Am Start muss er jedoch dringend arbeiten. Hier verlor der Amerikaner zu viele unnötige Plätze. Die Platzierungen stimmen: Platz 7 in Hockenheim, Platz 5 in Brands Hatch. In Spielberg stoppte den 34-Jährigen sein "Dreirad", als er auf dem Weg zu einem guten Ergebnis war. Mechaniker hatten bei einem Boxenstopp nur drei Reifen festgezogen.

Auch Dirk Werner hamstert weitere 22 Meisterschaftszähler. Die große Leistungsdichte bei BMW und die ausführliche Vorbereitung sind die Quintessenz des Münchner Erfolges.

Nur Andy Priaulx kann mit seinen Markenkollegen nicht Schritt halten. Null Punkte. Ohne Chance. Der Wechsel des 39-Jährigen in die DTM kam zu spät. Auch im letzten Jahr holte der dreifache WTCC-Champion nur 24 Zähler.

Seite 2: Probleme bei Mercedes und Audi

Mercedes

Die Konkurrenz aus Stuttgart steckt in einem Dilemma. Es ist nicht so, dass die jüngste Truppe nicht fahren könnte. Trotz großer Mühen springt schlichtweg kein Erfolg heraus. Beispiel: Cockpit-Küken Pascal Wehrlein (18) sammelte in Hockenheim (20 Runden) und Spielberg Führungsrunden. Der jüngste DTM-Pilot aller Zeiten wurde im ersten Rennen allerdings Opfer einer fehlgeschlagenen Strategie. In Spielberg kämpfte er zudem mit zu stark abbauenden Reifen. Die Platzierungen: 11, 10, 10.

Christian Vietoris hält die Mercedes-Fahne hoch. Der 24-Jährige ist als Dritter gut in sein drittes DTM-Jahr gestartet. Nach drei Rennen stehen 25 Punkte und Platz fünf in der Fahrerwertung zu Buche. Die Enttäuschung für Routinier Gary Paffett ist groß. Bei 29 Punkten Rückstand nach drei Rennen ist die Meisterschaft natürlich noch nicht verloren, aber kein Podiumsplatz ist einfach zu wenig. Podium - da war doch was?

Richtig! Beim Heimrennen in Brands Hatch fuhr der 32-Jährige auf Platz drei. Aufs Podium durfte er trotzdem nicht. Aufgrund einer Geschwindigkeitsüberschreitung während einer Gelbphase wurde er auf den sechsten Platz zurückgestuft. Markenkollege Robert Wickens durfte auf das Treppchen, konnte sich über sein erstes Podium aber nicht richtig freuen: "Beim ersten Podium als Vierter über die Ziellinie zu fahren und das Auto nicht im Parc ferme abstellen zu dürfen, trübt den Erfolg."

Und dann ist da noch der Mercedes-Rüpel. Roberto Merhi. Ungestüm. Wild. Für sein Verhalten bietet sich ein Vergleich zum Debütjahr Romain Grosjeans in der Formel 1 an. Im Unterschied zu seinem französischen Kollegen hat sich der Spanier Merhi immer noch nicht unter Kontrolle.

In drei Rennen schoss der 22-Jährige Martin Tomczyk zweimal von der Piste, auch Timo Glock wurde in die Wiese geschickt. "Der hat Tomaten auf den Augen. So jemand gehört nicht hierher, der soll mal ein paar Fahrstunden nehmen", echauffierte sich Glock später.

Audi

Wenn das Team Abt es nach wochenlanger Vorbereitung nicht schafft, ohne Probleme die Reifen zu wechseln, dann ist das nicht tragbar. Drei Rennen, drei Mal gab es gravierende Pannen.

Bereits im letzten Jahr fuhr Audi über weite Strecken hinterher. Die Ingolstädter kündigten die Aufholjagd an. Große Worte - Wirkung verpufft. Motorsportchef Dr. Wolfgang Ulrich lockte den britischen Mercedes-Routinier Jamie Green in das Team mit den vier Ringen. Der Plan ging bis dato nicht auf. Ekström, Mortara und Green - ein Audi-Trio, das die Erwartungen nicht erfüllen kann.

Green, der Drittbeste des letzten Jahres, wird seinen Mercedes-Abschied womöglich bereuen. Keine einzige Fahrt in die Punkte und Platz 14 als bestes Resultat sind den Fähigkeiten des 30-jährigen Briten nicht würdig.

Trotz zahlreicher Rückschläge hat Audi im Meisterschafts-Kampf ein Ass im Ärmel. Mike Rockenfeller, der Viertplatzierte des letzten Jahres, gewann das Rennen in Brands Hatch. Mit Platz zwei in der Fahrerwertung ist der 29-Jährige der einzige Fahrer aus der Audi-Armada, der bislang um Siege fährt.

Der Meisterschaftsstand der DTM