Hallo Motorsport-Fans,
passend zum Saisonfinale in der DTM (So., 14 Uhr im LIVE-TICKER) melde ich mich noch mal, bevor es in die wohlverdiente Pause geht. Hinter mir liegt ein schwieriges Jahr, wie Ihr Euch sicherlich vorstellen könnt.
Eigentlich wollte ich mit BMW ganz vorne angreifen, aber irgendwie war von Anfang an der Wurm drin. Nun gilt es, die Saison zumindest mit einem Erfolgserlebnis abzuschließen. Es ist ganz wichtig für die Psyche, mit einem respektablen Rennen auf dem Hockenheimring in den Winter zu gehen.
Das Schöne an den nächsten Monaten: Man hat Zeit, die Batterien wieder aufzuladen und kann auch mal andere Sportarten intensiver verfolgen. Wir Sportler sind schließlich auch selber Fans und wissen, wie es ist, mit den großen Helden zu zittern.
Deswegen will ich Euch verraten, welche Sportler und Momente mir am besten in Erinnerung geblieben sind.
Boris Becker und Steffi Graf:
Als Kind der frühen 80er Jahre führt an Boris Becker und Steffi Graf kein Weg vorbei. Heutzutage ist es kaum vorstellbar, was damals in Deutschland für eine Tennis-Euphorie herrschte. Das hatte fast Ausmaße wie im Fußball. Gerade nach Beckers erstem Wimbledon-Triumph gab es nur noch ein Thema.
Ich kann mich noch erinnern, wie ich mit meiner Mutter das Finale auf der Couch gesehen habe. Das war grandios. So ähnlich war es auch bei Graf. Niemand hatte damit gerechnet, dass wir auf einmal zwei Deutsche in der Weltspitze hatten. Tennis war "in". Kaum ein Kind hat es nicht mal ausprobiert.
Auch ich habe mein Glück versucht. Aber mal unter uns: Es ist ganz gut, dass ich später zum Motorsport gewechselt bin. Wenn ich heutzutage noch mal einen Schläger in die Hand nehmen würde, wäre das wohl eine mittlere Katastrophe.
Michael Schumacher:
Wirklich überraschend kommt das wohl nicht, oder? Als deutscher Rennfahrer muss man mit Schumi mitgefiebert haben. Wir müssen ihm alle dankbar sein, weil er den Motorsport in Deutschland wie kein Zweiter salonfähig gemacht hat. Seine sieben WM-Titel stehen über allem, vor allem die erste Weltmeisterschaft mit Ferrari, als er das Team innerhalb von vier Jahren an die Spitze geführt hat.
Diesen Status kann Sebastian Vettel meiner Meinung nach gar nicht erreichen, auch weil die Anforderungen in den 90er Jahren im Vergleich zu heute komplett verschieden sind. Damals ging es wohl nicht nur mir so, dass der Sonntag um 14 Uhr ein Pflichttermin war. Das Besondere bei Schumi: Er ist gegen zwei, vielleicht sogar drei Generationen gefahren. Angefangen von Senna, Prost und Mansell über Häkkinen und Coulthard bis zu Vettel und Alonso.
Dass er bei seinem Comeback nicht mehr an die alten Erfolge anknüpfen konnte, tut seiner Legende keinen Abbruch. Er wollte einfach noch mal Spaß am Motorsport haben, das sollte man respektieren.
Das Triple von Bayern München:
Als Bayern-Fan wird man dieses Jahr wohl nie vergessen. Meisterschaft, DFB-Pokal, Champions-League-Titel - mehr geht einfach nicht. Ich habe mich vor allem für Jupp Heynckes und Bastian Schweinsteiger gefreut.
Für Heynckes war es das perfekte Abschiedsgeschenk am Ende seiner Karriere. Und Basti kenne ich als Rosenheimer gut, weil er ebenfalls aus dieser Gegend kommt. Es war eine Genugtuung für den kompletten Verein und alle Fans, vor allem nach dem Finale dahoam.
Vielleicht kann ich ja beim nächsten Endspiel auch mal vor Ort sein, wenn an dem Wochenende kein DTM-Rennen stattfindet. Mit Pep Guardiola ist das ja gar nicht so unrealistisch.
Fußball-WM 1990:
Die meisten werden sich jetzt wundern: Nicht die WM 2006 im eigenen Land? Keine Frage, das war ein tolles Erlebnis. Die Stimmung in Deutschland war einzigartig, es ging ein Ruck durch das ganze Land.
Aber für mich hat die WM in Italien einen noch höheren Stellenwert. Die Italiener sind einfach ein fußballverrücktes Volk, und immerhin sind wir damals Weltmeister geworden. Für mich als kleinen Jungen mit acht Jahren gab es nichts Größeres.
Ich habe immer noch Franz Beckenbauer vor Augen, wie er nach dem Finale über den Rasen von Rom geschlendert ist. Ich würde viel dafür geben, um zu wissen, was ihm damals durch den Kopf gegangen ist.
Magdalena Neuner:
Als Bayer liegt mir auch der Wintersport am Herzen. Und es gibt niemanden, vor dem ich mehr den Hut ziehe als Lena Neuner. Ich habe mich auch mal als Biathlet probiert und weiß, wie viel Konzentration und Willensstärke man dabei aufbringen muss. Was die Lena gerade in jungen Jahren geleistet hat, sucht seinesgleichen.
Sie hat alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt, und ist nie unter dem Druck zusammengebrochen. Umso besser konnte ich ihren Rücktritt nachvollziehen, auch wenn man damit die Dominatorin der Biathlon-Szene verloren hat. Immer wieder den Erfolgshunger zu stillen geht an niemandem spurlos vorbei.
Manchmal muss man im Leben Prioritäten setzen. Aber wer weiß: Vielleicht kehrt sie ja - zumindest in einer passiven Rolle - irgendwann einmal wieder zurück.
Auch ich habe in diesem Jahr erneut erlebt, dass es wichtigere Sachen als den sportlichen Erfolg gibt. Die Hochzeit mit Christina (Surer, Anm. d. Red.), die Geburt unserer Tochter Emily, der Umzug nach Rosenheim - alleine deswegen werde ich das Jahr 2013 nie vergessen. Und wenn mir jetzt auch noch ein schöner Saisonabschluss in Hockenheim gelingt, umso besser. Drückt mir also die Daumen!
Euer
Martin Tomczyk
Der DTM-Meisterschaftsstand