In den verregneten Straßen Nürnbergs hatte Robert Wickens gerade für neue Hoffnung bei Mercedes gesorgt, und der Kanadier war nach seinem zweiten Sieg in der DTM bester Laune.
"Ich lese jetzt erst mal ein gutes Buch und trinke ein paar Gläser Wasser", sagte der 25-Jährige, gefragt nach seinen Plänen für die Abendgestaltung nach dem vierten Saisonlauf: "Oder zumindest etwas, das Wasser enthält."
Das Selbstvertrauen ist zurück bei Mercedes, trotz der letzten Monate mit krachenden Niederlagen gegen die Konkurrenten Audi und BMW.
Denn im zweiten Regen-Rennen der Saison holte der zuletzt strauchelnde Stern den zweiten Sieg - und Audi blieben beim Heimspiel auf dem Stadtkurs Norisring nur die Plätze zwei und drei durch den Nürnberg-Spezialisten Jamie Green (England) und Mattias Ekström (Schweden).
Zusatzgewichte machen sich bemerkbar
Marco Wittmann (Markt Erlbach/BMW) verteidigte bei seinem Heimrennen als bester BMW-Pilot seine Gesamtführung mit dem siebten Platz, Titelverteidiger Mike Rockenfeller (Neuwied) wurde im Audi nur Neunter.
Die Dominanz der Schwaben auf dem Norisring setzte sich damit fort, seit 2002 hat keine andere Marke im Frankenland gewonnen. "Das ist fantastisch", sagte Wickens, ordnete den Erfolg im "ARD"-Interview aber gleich ein: "Am Norisring sind wir immer ganz gut, wir wissen aber selber nicht, wo genau wir für den Rest der Saison stehen. Ob wir einen Sprung nach vorne gemacht haben, muss sich noch zeigen."
Denn im Rennen bestätigte sich, was sich bei Wickens' Pole im Qualifying angedeutet hatte: Die neu eingeführten Performance-Gewichte beeinflussten das Ergebnis auf dem engen Stadtkurs stark.Seit dieser Saison muss die jeweils stärkste Marke eines Rennens beim folgenden Lauf Zusatzgewichte anbringen, die schwächste darf mit leichteren Boliden antreten. Diesen Vorteil nutzte Mercedes nach dem ganz schwachen Rennen in Ungarn nun in Nürnberg, muss beim kommenden Lauf in Russland (13. Juli) aber entsprechend zuladen.
Wetterkapriolen sorgen für Würze
Und auch die starken Regenfälle beeinflussten die Kräfteverhältnisse. Der Kurs nahe des Nürnberger WM-Stadions hatte zu Rennbeginn unter Wasser gestanden, die Rennleitung ging daher auf Nummer sicher und ließ das Feld hinter dem Safety Car starten.
Als dieses nach drei Runden die Box ansteuerte, krachte es im gesamten Feld gleich mehrfach, doch Wickens fuhr an der Spitze ein konzentriertes Rennen.
Zur Rennhalbzeit trocknete die Ideallinie zusehends ab. Nach und nach kamen alle Piloten herein und wechselten auf Trockenreifen, bis nur noch ein Fahrer auf den Profil-Pneus unterwegs war: Der Führende Wickens wartete am längsten.
Das war die richtige Entscheidung. Mehr als 30 Sekunden trennten ihn nach dem Stopp vom ersten Verfolger Christian Vietoris (Gönnersdorf).
Vietoris-Pech verhindert Doppelsieg
Eine Weile sah alles nach dem ersten Mercedes-Doppelsieg seit genau 26 Monaten aus, doch kurz vor Schluss beendete ein loses Rad das Rennen für Vietoris.
Damit fuhr Ekström nach einer furiosen Aufholjagd noch auf das Podest - der Routinier war nur von Rang zwölf gestartet.
Der langjährige Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug wollte den Mercedes-Fortschritt anschließend nicht überbewerten. "Die Substanz ist da", sagte er in der "ARD", "aber ein Ergebnis wie hier kann ich mir beim nächsten Rennen nicht vorstellen." Bei den Schwaben durfte dennoch gefeiert werden - auf welche Art auch immer.