Ein Schock als Chance

Von Dominik Geißler
Bradl wurde bei Forward Racing nicht glücklich
© getty

Das Jahr 2015 ist für Stefan Bradl eines der schwersten seiner bisherigen Karriere. WM-Punkte sind Mangelware, eine Verletzung zwang ihn zudem zu einer mehrwöchigen Pause. Nachdem Forward Racing den Start für den Indianapolis-GP abgesagt hat, zog er einen Schlussstrich. Mit seinem neuen Team Aprilia will Bradl nun seine Zukunft in der MotoGP sichern.

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Die Nachricht war für Bradl ein Schock. "Ich habe keine Ahnung, wie es weitergeht. Momentan kann ich nicht viel dazu sagen. Ich war vorher noch nie mit solch einer Situation konfrontiert", erklärte der Augsburger gegenüber Motorsport-Total.com. Gerade hatte Bradl erfahren, dass sein Team Forward Racing beim kommenden Rennen in Indianapolis nicht an den Start gehen würde.

Der Schweizer Rennstall befindet sich in einer akuten Krise. Wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und Geldwäsche sitzt Teambesitzer Giovanni Cuzari seit dem 13. Juli in Untersuchungshaft.

Der Hauptsponsor ist daraufhin abgesprungen, sodass Forward Experten zufolge rund zwei Millionen Euro fehlen, um den Rennbetrieb wieder aufnehmen zu können. Aktuell ist man zahlungsunfähig, die Zukunft scheint mehr als ungewiss. "Das Überleben des Teams ist gefährdet", heißt es in einer offiziellen Mitteilung.

Kündigung bei Forward

Für Bradl, der ohnehin noch ohne Cockpit für die Saison 2016 ist, eine untragbare Situation. Er muss sich in den kommenden Monaten beweisen, will er auch nächstes Jahr in der MotoGP an den Start gehen.

"Ein paar anständige Rennen würden mir bei den Verhandlungen für 2016 helfen", weiß auch der 25-Jährige. Da Forward ihm diese aller Voraussicht nach nicht mehr hätte bieten können, sah Bradl nur einen Ausweg: Er musste den Vertrag mit Forward auflösen.

Und Bradl tat das, was er tun musste. "Ich habe gekündigt", gab er in der Augsburger Allgemeinen bekannt: "Zuvor habe ich mich natürlich mit meinen Anwälten beraten. Der Teamchef, mein Vertragspartner, sitzt im Gefängnis. Es sind einige Paragraphen gebrochen worden."

Drei Tage später erfolgte die Bestätigung der Vertragsauflösung durch Forward. "Forward Racing und Stefan Bradl haben in beiderseitigem Einvernehmen eine Vereinbarung getroffen, die vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem deutschen Fahrer und dem Schweizer Team aufzukündigen", heißt es in einem Statement des Rennstalls.

Verletzung verhindert Start

Für Bradl war die Posse um das Forward-Team der Höhepunkt eines bisher von Rückschlägen geplagten Seuchenjahres. Beim Rennen in Assen stürzte der einzige deutsche MotoGP-Pilot so schwer, dass er sich das Kahnbein brach und operiert werden musste. Aufgrund der Verletzung verpasste Bradl anschließend sein Heimrennen am Sachsenring.

"Es ist schade, dass ich hier nicht fahren kann. Es würde aber nichts bringen, weil die Verletzung viel zu frisch ist. Es tut natürlich weh, aber ich kann es leider nicht ändern", zeigte sich der Moto2-Weltmeister von 2011 frustriert.

Frustrieren wird Bradl auch der Blick auf das Gesamtklassement. Mit mageren neun Punkten liegt er auf dem 19. Platz, sein bisher bestes Saisonergebnis ist ein achter Platz beim Großen Preis von Katalonien. Für einen Mann, der seit seinem MotoGP-Debüt 2012 stets in die Top 10 der Gesamtwertung fuhr, eine mehr als enttäuschende Bilanz.

Unterschrift bei Aprilia

Doch nun soll es nach den schwierigen Wochen wieder aufwärts gehen. Der erste - und vielleicht wichtigste - Schritt dafür ist gemacht: Bradl unterschrieb nur wenige Tage nach seinem Abgang von Forward einen neuen Vertrag bei Aprilia und hat damit einen Sitz für den Rest der MotoGP-Saison sicher. Er folgt dem zuvor entlassenen Marco Melandri.

"Ich bin happy, dass das jetzt geklappt hat", zeigte sich Bradl gegenüber Motorsport-Total.com erleichtert: "Für mich ist es jetzt erst einmal wichtig, mich an das Team und das Motorrad zu gewöhnen. Dann möchte ich mich Schritt für Schritt verbessern. Daher bin ich sehr froh, dass es jetzt auch schon mit Indianapolis geklappt hat."

"Kuriose Situation"

Große Sprünge sind bei Aprilia jedoch nicht zu erwarten. Das Team befindet sich als Neueinsteiger in einem Übergangsjahr und ist nicht auf dem Niveau von Honda, Yamaha oder Ducati. Bradl erklärte zudem, dass man nach seiner Verletzung keine zu großen Dinge von ihm erwarten sollte.

"Ich möchte mich so rasch wie möglich auf dem Motorrad zurechtfinden und gut damit zurechtkommen. Man darf mit Sicherheit keine Wunder erwarten, denn es ist eine komplette Umstellung", sagte Bradl bei speedweek.com: "Es ist eine kuriose Situation, jetzt mitten in der Saison das Team zu wechseln, neues Motorrad, neue Technikcrew. Wir fangen komplett bei Null an."

Doch der Neuanfang bietet Chancen. Bradl hat nun die Möglichkeit, sich für weitere Aufgaben zu empfehlen. Die schnelle Vertragsunterzeichnung beweist zudem, dass er in der MotoGP nach wie vor ein gefragter Mann ist. Er selbst zeigte sich ohnehin stets "optimistisch und sehr zuversichtlich" ob seiner Zukunft in der Königsklasse des Motorradsports.

Die Tür dorthin hat Bradl mit seiner Unterschrift jedenfalls weiter geöffnet. Forward Racing muss seinem ehemaligen Schützling das nun gleichtun - sonst war die Absage für das Indy-Rennen nur der Anfang vom Ende.

Stefan Bradl im Steckbrief

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