Dressur-Königin Isabell Werth hat ihr Reich zurückerobert und mit einer makellosen Kür zum elften Mal den Großen Preis von Aachen gewonnen. Einen Tag nach ihrer überraschenden Niederlage gegen Laura Graves (USA) im Grand Prix Special rückten Werth und ihr Olympiapferd Weihegold die Kräfteverhältnisse überzeugend zurecht und distanzierten Graves mit Verdades um sieben Prozentpunkte. Die Entscheidung im abschließenden Grand Prix der Springreiter fiel dagegen ohne deutsche Beteiligung.
Am Ende des Dressur-Wettbewerbs schob sich auch noch der junge Sönke Rothenberger mit Cosmo an Graves vorbei auf Platz zwei. Nur Platz elf belegte aus der goldenen Olympia-Equipe von Rio Dorothee Schneider, deren junger Sammy Davis jr. den Anstrengungen der letzten Tage in seinem ersten Grand-Prix-Jahr deutlich Tribut zollen musste.
"Das war wichtig, um zu zeigen, wo wir wirklich stehen", sagte Werth, die sich noch im Sattel sitzend der zahlreichen Glückwünsche von allen Seiten kaum erwehren konnte: "Gefühlte 90 Prozent, knapp drunter nur, damit kann man sehr gut leben." 89,675 Punkte verteilten die Preisrichter an Werth und Weihegold, 85,750 gab es für Rothenberger, 82,550 für Graves.
Dass sie als absolute Topfavoritin zur EM Ende August nach Göteborg fährt, nimmt Werth selbstbewusst und doch sehr sachlich an. "Natürlich wehre ich mich nicht dagegen, das wäre ja unglaubwürdig", sagte sie, wies allerdings darauf hin, dass "man ganz schnell mal auf Platz zwei landen kann. Vielleicht vertritt sich das Pferd plötzlich beim Ausladen, dann muss man alles ganz neu planen."
Werth und Co. dominieren Teamwertung
In der Teamwertung hatte die Equipe mit Werth, Rothenberger, Schneider und dem vollkommen indisponierten Hubertus Schmidt mit Imperio zum 37. Mal seit 1977 keine Konkurrenz. Bei der EM Ende August in Göteborg reiten Werth, Rothenberger, Schneider und Helen Langehanenberg für Deutschland. Das gaben der Dressurausschuss des nationalen Verbandes FN und Bundestrainerin Monica Theodorescu am Samstagabend bekannt.
Ähnlich souverän wie die Dressur-Equipe hatten sich die von Bundestrainer Hans Melzer betreuten Vielseitigkeitsreiter am Samstag den im Vorjahr an Australien verlorenen Nationenpreis zurückgeholt und in Ingrid Klimke auch die Siegerin in der Einzelwertung gestellt. Klimke mit Hale Bob, der dreimalige Olympiasieger Michael Jung mit seinem unverwüstlichen Sam, Weltmeisterin Sandra Auffarth mit Opgun Louvo und Josefa Sommer mit Hamilton legten einen geradezu deklassierenden Abstand zwischen sich und die zweitplatzierten Australier.
Vielseitigkeitsreiter: EM-Aufgebot nimmt Formen an
Dennoch wollte sich Melzer im Hinblick auf die EM Mitte August im polnischen Strzegom nicht in die Karten schauen lassen. "Ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich hier gesehen habe", sagte Melzer: "Die Reiter, die ich im Fokus hatte, waren sehr gut. Jeder hat seinen Job erledigt."
Obwohl Melzer sein Team noch nicht benannt hat, dürften die Reiter feststehen. Neben Klimke mit Hale Bob und Jung mit Rocana gehören voraussichtlich Ex-Europameisterin Bettina Hoy mit Seigneur Medicott und Julia Krajewski mit Samourai du Thot zur Mannschaft. Beide verzichteten in Absprache mit Melzer auf den Start in Aachen.
Bester Deutscher im Großen Preis der Springreiter, den der Belgier Gregory Wathelet auf Coree im Stechen gewann, war Andreas Kreuzer aus Herford mit Calvilot. Der 26-Jährige, mit Chacco Blue bereits 2011 an gleicher Stelle Dritter, blieb mit dem Fuchswallach Calvilot in beiden Umläufen fehlerfrei, handelte sich aber zwei Strafpunkte wegen Zeitüberschreitung ein und belegte Platz fünf. Vorjahressieger Philipp Weishaupt war bereits im ersten Umlauf ausgeschieden.