Andre Greipel ist von seinem Arbeitgeber Columbia zehn Tage vor Beginn der Tour de France aus allen Träumen gerissen worden. Der erfolgreichste Radprofi dieses Jahres wurde von seinem Team nicht nominiert und ist damit beim größten Radsport-Spektakel der Welt wieder nur Zuschauer. Stattdessen soll nun der umstrittene Brite Mark Cavendish mit Hilfe von Tony Martin und Bert Grabsch das Grüne Trikot des besten Sprinters erobern.
Für den zwölfmaligen Saisonsieger Greipel dürfte die Nachricht vom Tour-Aus den Weggang von Columbia zur Folge habe. Der Vertrag des gebürtigen Rostockers läuft zum Saisonende aus. Zum belgischen Team Omega Pharma-Lotto soll bereits ein enger Kontakt bestehen, belgischen Medien hatten den Wechsel sogar als nahezu perfekt vermeldet.
"Das Team auszuwählen war in diesem Jahr sehr schwer. Wir müssen uns auf einen Sprinter konzentrieren, wenn wir das Grüne Trikot gewinnen wollen", sagte Sportdirektor Rolf Aldag: "Deshalb haben wir uns gegen Andre Greipel entschieden."
Greipels Nicht-Nominierung sorgt für Unverständnis
Im Lager Greipels stößt die Entscheidung auf Unverständnis. "Cavendish ist ein Engländer und Columbia ein amerikanischer Rennstall. Die Bilanz spricht für Andre, das lässt sich nicht wegdiskutieren. In jedem Team der Welt wäre er dabei", sagte Greipels Trainer Peter Sager: "Cavendish ist nicht in der Form vom letzten Jahr."
Sportliche Gründe sollten für Aldags Entscheidung nicht den Ausschlag gegeben haben, denn da liegt Greipel mit 12:3-Siegen weit vor Cavendish. Der schnelle aber auch ebenso arrogante Mann von der Isle of Man hatte zudem bei der Tour de Suisse einen Massensturz verursacht, der einen Protest von zahlreichen Teams nach sich gezogen hatte. Sager: "Er verlässt klar seine Linie. So einen Sturz habe ich noch nie gesehen."
Cavendishs Abneigung gegen Greipel ein möglicher Grund
Für Cavendish spricht zwar, dass er allein im vergangenen Jahr sechs Tour-Etappen gewonnen hatte. Im Fall Greipel dürfte jedoch die innige Abneigung des Briten gegen seinen deutschen Teamkollegen den Ausschlag gegeben haben. Cavendish hatte schon im Frühjahr erklärt, dass er nie mit Greipel im gleichen Rennen fahren würde. Außerdem könne sein Konkurrent ja ohnehin nur bei "beschissenen, kleinen Rennen" siegen.
Greipel hatte zuletzt die 18. Etappe des Giro d'Italia in überlegener Manier gewonnen. Ebenfalls im Mai fuhr Cavendish bei der Kalifornien-Rundfahrt zuletzt als Etappensieger über die Ziellinie. Im Gegensatz zu Cavendish hat Greipel bereits bewiesen, dass er eine dreiwöchige Rundfahrt als bester Sprinter beenden kann. Im vergangenen Jahr gewann der 27-Jährige das Punktetrikot der Vuelta.
Während Cavendish bei der Tour fahren darf, steht für Greipel wohl Ostsee-Urlaub auf dem Programm. Dass er nach den deutschen Meisterschaften bei der am 4. Juli beginnenden Österreich-Rundfahrt startet, scheint nach dem erneut verhinderten Tour-Debüt eher fraglich.
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