Fabian Cancellara konnte es nicht fassen. Schon wieder hatte er eine Niederlage gegen Tony Martin kassiert, schon wieder kam der Zeitabstand auf den jungen Deutschen einer Demütigung gleich.
Der viermalige Zeitfahrweltmeister aus der Schweiz, in den vergangenen Jahren im Kampf gegen die Uhr kaum zu schlagen, wird bei der WM in Kopenhagen nicht der große Favorit sein. Spätestens seit dem Vuelta-Zeitfahren in Salamanca am Montag ist klar: Gold führt nur über Tony Martin.
Der gebürtige Cottbuser nahm Cancellara über 47 Kilometer fast anderthalb Minuten ab und damit ungefähr so viel Zeit wie schon im Zeitfahren der Tour de France. "Wenn es bei mir rollt, dann rollt es richtig", sagt Martin nach seinem sechsten Zeitfahrsieg der Saison. Nur ein Sieg beim Zeitfahren des Giro d'Italia fehlt ihm noch, doch an der Rundfahrt hat er noch nie teilgenommen.
Zunächst will Martin nach dem Defektpech der vergangenen WM endlich das berühmte Regenbogentrikot holen. "Ich will Weltmeister werden", sagt Martin ohne Umschweife. Sicher sei er nun der Topfavorit, aber es werde keine Selbstverständlichkeit, die WM zu gewinnen. Manche Fahrer, betont Martin, seien bei einer WM immer in der Lage, eine besondere Leistung abzurufen.
Verzichtet Cancellara auf die WM?
Diese besondere Leistung braucht sein Widersacher Cancellara in jedem Fall. Der Schweizer flüchtete sich nach der bitteren Niederlage in Zweckoptimismus. "Ich werte mein Resultat als positiv. Jetzt weiß ich, wo ich stehe", sagt der Fahrer mit dem Spitznamen Spartakus. Es läuft nicht rund bei ihm in diesem Jahr, bis auf zwei Etappensiege bei der Tour de Suisse fehlen herausragende Leistungen.
In Schweizer Medien wird sogar schon spekuliert, ob Cancellara überhaupt am WM-Zeitfahren teilnimmt. Der Züricher "Tages-Anzeiger" schreibt etwa, dass er die Teilnahme beim Straßenrennen der WM plant, ein Start im Zeitfahren aber noch offen sei. Den Ruhetag der Vuelta verbrachte Cancellara damit, seine Daten aus dem Zeitfahren zu analysieren.
Entscheidung über neues Team steht bevor
Martin hingegen genoss den freien Tag. So ein Sieg entschädigt für langweilige Tage im Gruppetto, der Gruppe der abgehängten Sprinter, in der sich Martin bei der Vuelta oft wiederfand. Der 26-jährige will es in Spanien nicht übers Knie brechen, sondern sich gewissenhaft auf die WM vorbereiten. Seine Ambitionen bei den großen Landesrundfahrten hat Martin nach der Enttäuschung bei der Tour de France erstmal auf Eis gelegt.
Seinen Marktwert hat dies dennoch nicht geschmälert. Das Internetportal "Cyclingnews" sagte Martin sogar ein siebenstelliges Gehalt voraus, das er bei seinem neuen Team kassieren könnte.
Martin, der stets glaubhaft betont, dass gutes Zeitfahrmaterial viel wichtiger sei als ein dicker Gehaltsscheck, will Anfang September bekannt geben, für welchen Rennstall er nach der Auflösung des Teams Highroad vom kommenden Jahr an fährt.
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