Rauschend fiel die Abschlussfeier im Lager der deutschen Radprofis nicht mehr aus. Ein gemütliches Abendessen mit den Kollegen in Kopenhagen, dann war für Andre Greipel das Kapitel Straßenrad-WM schnell abgehakt.
Die ganz große Freude wollte ohnehin nicht aufkommen beim deutschen Bronzemedaillengewinner. Dritter Sieger zu sein und dann auch noch hinter dem Erzrivalen und neuen Weltmeister Mark Cavendish, ist für einen Sprinter wie Greipel schwer zu akzeptieren.
Kampfansage an Cavendish
So blickte der gebürtige Rostocker bereits nach vorn und schickte eine Kampfansage in Richtung Cavendish. "Ich weiß, dass ich ihn schlagen kann. Ich bin noch jung. Es wird noch viele schöne Sprints in Zukunft geben", sagte Greipel und dachte dabei insgeheim an London 2012: "Olympia ist mein Traum. Ich versuche, das anzugehen."
Eine Revanche in der Heimat seines größten Widersachers soll es geben. Auch in der englischen Hauptstadt dürfte es nächstes Jahr wieder zu einem Sprintfinale kommen, was auch Cavendish bereits auf dem Zettel hat. "Das ist ein großes Ziel für mich. Da will ich das Double schaffen", kündigte der Brite mit der großen Klappe an.
Tour könnte Olympia im Weg stehen
Dass er der weltbeste Sprinter ist, hat er durch seine 20 Etappensiege bei der Tour de France in den vergangenen vier Jahren bereits eindrucksvoll bewiesen, nun setzte er sich auch offiziell die Krone auf und holte nach 46 Jahren wieder den WM-Titel nach Großbritannien. "Ich habe Mailand-San Remo gewonnen, aber für mich ist dieser Titel das Größte, weil ich bei der Tour niemals das Gelbe Trikot gewinnen kann", sagte der Superstar von der Isle of Man, der in diesem Jahr erstmals das Grüne Trikot als bester Sprinter gewonnen hat.
Im nächsten Jahr dürfte dies freilich nicht so einfach werden. Fünf Tage nach dem Tourfinale auf den Champs Elysees findet bereits das olympische Straßenrennen in London statt. "Einer wie Cav will in Paris und in London gewinnen. Ich denke nicht, dass es möglich ist, das Grüne Trikot und die olympische Goldmedaille zu holen. Er wird sich entscheiden müssen", sagte Landsmann Bradley Wiggins, der zukünftig mit Cavendish beim Team Sky fährt.
Beim britischen Toprennstall dürfte es dann ohnehin zu einer Interessenskollision kommen. Wiggins' Traum ist der Toursieg, während Cavendish in der Vergangenheit bei Highroad stets einen kompletten "Zug" aus Helfern für die Sprints hinter sich wusste. Derartige Probleme hat Greipel nicht. Beim Lotto-Team genießt er eine große Wertschätzung und wird auch in Zukunft auf seine treuen Helfer wie Marcel Sieberg setzen können.
Gelungener Olympia-Testlauf für den BDR
Das dürfte auch für Einsätze im Nationaltrikot beim Bund Deutscher Radfahrer (BDR) gelten, nachdem der Testlauf für Olympia mehr als gelungen ist.
"Wir haben vier Medaillen in vier olympischen Disziplinen geholt. Da dürfte der DOSB zufrieden sein", sagte Vizepräsident Udo Sprenger und denkt dabei auch an den finanziellen Hintergrund. Schließlich hängen die Fördergelder stark vom Abschneiden bei den Olympischen Spielen ab.
"Die Situation ist nach wie vor angespannt", gibt Sprenger zu, nachdem die Abwanderungswelle der Sponsoren auch vor dem BDR in den vergangenen Jahren nicht halt gemacht hat. Neue Goldgräberzeiten wie einst bei Jan Ullrich und Erik Zabel sind nicht in Sicht, trotz der Weltmeistertitel von Tony Martin (Cottbus) und Judith Arndt (Leipzig) im Zeitfahren.