Der Veranstalter RCS hat deshalb den schillernden Renndirektor Alberto Zomegnan abgelöst und durch den Teamplayer Michele Acquarone ersetzt. Er soll das am Samstag in Dänemark startende Rennen aus der Krise führen.
Doch zumindest was die Konsequenzen von Dopingsperren angeht, hat Acquarone eine nicht überall auf Wohlwollen stoßende Meinung. Dass Alberto Contador der Gesamtsieg des vergangenen Jahres im Zuge seines Dopingfalls aberkannt wurde, passt Acquarone jedenfalls überhaupt nicht.
"Im Rennen war Contador der Stärkste. Er ist großartig gefahren und daher ist er für uns auch der Sieger", sagt der Renndirektor im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dapd.
Tifosi pfiffen Contador aus
Die Schuld daran, dass die Ergebnisliste des Giro wieder einmal überarbeitet werden musste, trägt in diesem Fall auch eher der Weltverband UCI. Er verschleppte den Fall des bereits im Juli 2010 positiv getesteten Contadors.
Die Tifosi hatten ihr Urteil da längst gefällt: Sie pfiffen Contador bei seiner Klettershow gnadenlos aus. Der nun als Sieger geführte Michele Scarponi war einst Kunde des spanischen Dopingarztes Eufemiano Fuentes.
Die Gesamtwertungen der vergangenen Jahre lassen ebenfalls kein gutes Haar an der zweitgrößten Landesrundfahrt der Welt. 2010 gewann Ivan Basso, ebenfalls ein früherer Fuentes-Kunde und mittlerweile wieder genauso schnell unterwegs wie vor seiner Sperre.
Vor drei Jahren mussten in Danilo Di Luca und Franco Pellizotti die Zweit- und Drittplatzierten disqualifiziert werden - sie waren den Dopingjägern in die Falle gegangen. Und 2008 gewann Contador vor dem mittlerweile für zwölf Jahre aus dem Verkehr gezogenen Riccardo Ricco.
Gedenken an Weylandt
Im dänischen Herning soll nun ein farbenfroher Neustart erfolgen, der die Fahrer auf 21 Etappen und 3.504 Kilometer sowie den Giro in eine bessere Zukunft schickt. Zu dieser gehören die Starts im Ausland, womöglich auch bald in Deutschland. "Ich denke, dass wir noch vor 2020 in Deutschland starten. Vielleicht in München, Hamburg oder Berlin", sagt Acquarone.
Zu dieser Zukunft wird auch immer der tragische Tod von Wouter Weylandt gehören, der im vergangenen Jahr auf der dritten Etappe verunglückte. Dem Belgier wird in diesem Jahr die dritte Etappe gewidmet, sie wird sogar eigens in "WW Special", seinen Spitznamen, umbenannt. Seine Nummer 108 soll nie wieder vergeben werden.
Nach den ebenso schweren wie spektakulären Italien-Rundfahrten unter der Führung Zomegnans, wurde der Giro in diesem Jahr humaner gestaltet. Dieselbe Politik dieses indirekten Anti-Dopingkampfes verfolgt man bei der Tour de France bereits seit ein paar Jahren - offiziell mit Erfolg.
Eine unmenschliche Etappe
Das Giro-Spektakel soll am vorletzten Tag seinen Höhepunkt finden. Auf der 218 Kilometer langen Etappen müssen unglaubliche 5.700 Höhenmeter überwunden werden. Unter anderem steht der legendäre Mortirolo auf dem Programm, ehe am Stilfser Joch das große Finale eingeläutet wird. Einige Fahrer bezeichneten diese Etappe bereits kurz nach der Präsentation als unmenschlich.
Aus deutscher Sicht wird interessant zu beobachten sein, wie sich das Team NetApp bei seiner ersten dreiwöchigen Rundfahrt schlägt. Auf den Mann für das Gesamtklassement, den Tschechen Leopold König, muss der Zweitdivisionär verletzungsbedingt verzichten. Der Gesamtsieg wird vermutlich zu einer rein italienischen Angelegenheit.
Ivan Basso (Liquigas), Michele Scarponi und Damiano Cunego (beide Lampre) bilden den engsten Favoritenkreis. Gute Chancen haben auch Roman Kreuziger (Tschechien/Astana), John Gadret (Frankreich/AG2R), Frank Schleck (Luxemburg/RadioShack) und Ryder Hesjedal (Kanada/Garmin).
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