Von Schnee und Temperaturen um den Gefrierpunkt werden Titelverteidiger Gerald Ciolek und Co. bei der 105. Auflage von Mailand-Sanremo verschont. Ein Chaosrennen wie im Vorjahr beim Triumph des Kölners ist somit nicht zu erwarten, eine Spazierfahrt in den Frühling wird die Primavera aber ebenso wenig.
Erst nach schier endlosen 294 Kilometern wird am Sonntag an der Strandpromenade Lungomare der Sieger feststehen - und drei deutsche Radprofis könnten beim ersten großen Klassiker ein gewichtiges Wort mitsprechen.
Allen voran wohl John Degenkolb, der bereits vier Erfolge errungen hat und sich so gut fühlt wie noch nie zu diesem Zeitpunkt der Saison. "Diese These würde ich fast aufstellen. Ich fühl' mich super, ich bin sehr selbstbewusst und unheimlich locker", sagte der 25-Jährige dem "SID".
Podium ist das Ziel
Für den gebürtigen Geraer ist das Podium in jedem Fall in Reichweite und das erklärte Ziel, "wir arbeiten darauf hin. Wenn wir einen Supertag erwischen, dann ist es auch möglich, um den Sieg mitzusprinten".
Vorsichtiger äußert sich Titelverteidiger Ciolek (MTN), der 2013 zwölf Jahre nach Erik Zabel erstmals wieder für einen deutschen Sieg gesorgt hatte. Mit einem erneuten Coup habe er sich gar nicht auseinandergesetzt, sagte der 27-Jährige, er wäre mit einem Top-Ten-Ergebnis glücklich. "Nur weil man mit der Nummer eins startet, heißt das nicht, dass man einer der Favoriten ist."
Der Rostocker André Greipel entschied sich indes erst relativ kurzfristig für eine Teilnahme an der Classicissima, nachdem der Anstieg Pompeiana wegen Sicherheitsbedenken wieder aus dem Kurs genommen worden war. Er sollte zwischen den traditionellen Hindernissen Cipressa und Poggio das Finale noch anspruchsvoller machen. "Die Sprinter haben jetzt eine größere Chance", sagte Greipel, dessen britischer Rivale Mark Cavendish (Quick Step) sich nun ebenfalls etwas ausrechnet.
Sagan im Nacken
Top-Favorit bleibt allerdings Peter Sagan (Cannondale), den Ciolek letztes Jahr ("eine superschöne Erinnerung") in einem denkwürdigen Rennen durch Eisregen und Schnee düpiert hatte. Degenkolb geht davon aus, dass der Slowake die Pläne von Greipel und Cavendish durchkreuzen möchte.
"Ich glaube nicht, dass es einen Massensprint gibt, Fahrer wie Sagan wollen es nicht darauf ankommen lassen", sagte er. Es sei wichtig, den richtigen Riecher zu haben und beim entscheidenden Antritt dabei zu sein.
Diese taktische Cleverness traut sich der Kapitän von Giant-Shimano zu. Für Degenkolb, der ohne seinen Teamkollegen Marcel Kittel antritt, ist es aber genauso wichtig, am Sonntagmorgen in Mailand vollkommen erholt auf der Via della Chiesa Rossa am Start zu stehen.
Mehr als eine lockere Besichtigung der entscheidenden Passagen war in den Tagen zuvor nicht geplant, denn vor einem Eintagesrennen müsse man die Nerven bewahren und die Akkus komplett aufladen, betonte Degenkolb: "Man sagt, der Sieger wird im Bett gemacht."