Der Top-Sprinter vom Team Lotto-Belisol wiederholte im nordhessischen Baunatal nach 206,4 Kilometern seinen Vorjahreserfolg und gewann im Massensprint vor dem Geraer John Degenkolb (Giant) und Phil Bauhaus (Bochholt/Stölting).
Kittel hatte da längst nicht mehr mithalten können. Der Arnstädter verlor gut zehn Kilometer vor dem Ziel den Anschluss, als bei ihm plötzlich Muskelkrämpfe in der Wade einsetzten und der 26-Jährige mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Seite fuhr.
"Es ist nichts Gravierendes", sagte sein Manager Jörg Werner und gab damit zumindest Entwarnung für die 101. Tour (5. bis 27. Juli).
Die eigentlichen Pläne des Teams Giant-Shimano waren gescheitert, und auch Degenkolb konnte Greipels Sieg nicht verhindern. "Ich bin sehr, sehr glücklich. Das Rennen war nicht einfach, aber der Sprint perfekt", sagte der alte und neue Meister, der von Teamkollege Marcel Sieberg glänzend in Position gebracht worden war.
Solo von Martin - ohne Erfolg
Zur abschließenden Standortbestimmung vor der Frankreich-Rundfahrt waren alle zehn bereits feststehenden deutschen Tour-Starter angetreten. Mit 206 Fahrern war das Feld der deutschen Meisterschaft so groß wie nie zuvor und Zeitfahr-Weltmeister Tony Martin lange der Protagonist.
Der 29-Jährige vom Team Quick Step suchte mit einem eindrucksvollen Angriff seine Chance, den Sprintern die Show zu stehlen. "Ich musste etwas versuchen, aber ich hatte das ganze Peloton gegen mich", sagte Martin nach seinem couragierten Auftritt.Wiederholt hatte der gebürtige Cottbuser das Tempo forciert und etwa 65 Kilometer vor dem Ende einen äußerst wirkungsvollen Angriff gestartet, der ihm aber die Gewissheit brachte, für die Tour bereit zu sein. "Die Form stimmt auf jeden Fall", sagte er.
Kittel, der 2013 vier Etappen der Großen Schleife gewonnen hatte, und Degenkolb hatten sich viel ausgerechnet, beide waren hochmotiviert.
"Starte nicht, um Zweiter zu werden"
"Der Sieg wäre ein Ansporn für die Tour", betonte Kittel. Degenkolb bezeichnete die Aussicht auf die Meisterschaft in seiner Wahlheimat Hessen als "Riesending", war sich aber auch der Ausgangslage bewusst. "Wir haben sicher die Favoritenbürde auf unseren Schultern", sagte er.
Als größter Konkurrent für die Giant-Sprinter galt Greipel, der nicht gekommen war, um freiwillig den Sieg abzutreten. "Ich starte nicht, um Zweiter zu werden", hatte der fünfmalige Tour-Etappengewinner schon angekündigt und diesen Worten Taten folgen lassen.
Der geschlagene Degenkolb war letztlich mindestens so frustriert wie Kittel und verschwand erst einmal wutentbrannt im Mannschaftsbus.
Eine der Favoritinnen hatte sich auch am Samstag beim Rennen der Frauen durchgesetzt. Lisa Brennauer war nach ihrem Zeitfahr-Erfolg vom Freitag ein weiteres Mal nicht zu schlagen und dürfte nun als Medaillenhoffnung zur WM ins spanische Ponferrada (21. bis 28. September) reisen.