"Wir entscheiden aufgrund des Reports der Lizenz-Kommission. Diese gibt eine Empfehlung, und wir müssen dann gegebenenfalls gemäß der UCI-Regeln und unserer Entscheidungsgewalt über eine angemessene Sanktion befinden", sagte UCI-Präsident Brian Cookson vor der Entscheidung am Verbandsitz in Aigle/Schweiz, nannte aber auch das zentrale Problem: "Die gesamten Anti-Doping-Regularien beziehen sich auf einzelne Fahrer, nicht auf ganze Teams."
Heißt: Egal wie bunt es eine Equipe treibt, ein genereller Ausschluss ist nicht möglich. Wohl aber lässt sich die Starterlaubnis für die WorldTour widerrufen.
Für die erste Liga im Radsport müssen jährlich neben wirtschaftlichen und sportlichen auch ethische Kriterien erfüllt werden. Und es bedarf nicht einmal gesteigerter Skepsis, um zu sehen, dass es mit dem Thema Ethik bei Astana nicht weit her ist.
Fünf positive Dopingtests
Bei der von einem kasachischen Konsortium mit reichlich Finanzkraft ausgestatteten Sportgruppe scheint ein Doping-System überlebt zu haben, wie es in längst überwunden geglaubten Festina-, Phonak- oder Telekom-Zeiten praktiziert wurde.
Fünf positive Dopingtests gab es allein 2014 im Astana-Umfeld, drei davon in der Nachwuchs-Mannschaft. Diese, so Teamchef Alexander Winokurow, habe mit der Profi-Equipe aber "nur den Namen und die Trikots gemeinsam", mehr nicht.
Derart dürfte Winkurow, der die "Talentschmiede" Ende November dicht machte und in hektischem Aktionismus urplötzlich zum Kampf gegen Doping aufrief, auch vor der Lizenz-Kommission argumentiert haben.
Lizenzentzug hätte fatale Folgen
Allein, mit Winokurows Glaubwürdigkeit ist es nicht weit her. Der Olympiasieger ist erwiesener Blutdoper - sein Drang zur Aufarbeitung alter Sünden war und ist überschaubar. Dass kurz vor der UCI-Entscheidung italienische Medien über Besuche von Skandalarzt Michele Ferrari ("Dottore Epo") im Astana-Trainingslager vor der Saison 2014 berichteten, bescherte den Kasachen nicht unbedingt Pluspunkte im Kampf um die Lizenz.
Ein Entzug eben jener hätte fatale Folgen. Astana würde die Startberechtigung bei den großen Rennen wie Tour, Giro und Vuelta sowie den Frühjahrsklassikern verlieren, wäre auf Wildcards durch die Veranstalter angewiesen, bei denen Astana aber nicht allzu wohl gelitten ist. Zumal droht der Abgang von Topstar Nibali, allerdings sind auch für den Italiener derart kurz vor Saisonstart andere Optionen rar: Kaum ein Team hat noch das Budget für eine millionenschwere Verpflichtung des Tour-Champs.
Sollte die UCI ernst machen, bleibt Astana der Weg vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS, dort sind die Erfolgsaussichten jedoch keinesfalls gering. Vor der Saison 2013 war dem russischen Katjuscha-Team ebenfalls wegen Zweifeln an der ethischen Qualität die Lizenz verweigert worden. Katjuscha, das in Sachen Dopingskandalen Astana in nichts nachstand, zog vor den CAS, der das UCI-Verdikt prompt kippte.