Bereits vor einer Woche hatte Sagan den Klassiker Gent-Wevelgem für sich entschieden. "Ich bin sehr glücklich, es war extrem hart", sagte Sagan und fügte nachdenklich hinzu: "Ich möchte den beiden Belgiern, die letzte Woche gestorben sind, den Sieg widmen." Sagan sprach damit Antoine Demoitie und Daan Myngheer an, deren Tod große Trauer und Bestürzung in der Radsport-Welt verursacht hatte.
Den entscheidenen Schritt zum Sieg machte Sagan am letzten schwierigen Anstieg des Rennens, dem 360 m langen und über 20 Prozent steilen Paterberg. Mit einem beherzten Antritt schüttelte der Slowake seinen Begleiter, den Belgier Sep Vanmarcke (LottoNL-Jumbo) ab und raste in Zeitfahr-Haltung dem Ziel entgegen. In ähnlichem Stil hatte er auch im vergangenen September bei der WM in Richmond triumphiert.
Vanmarcke und Cancellara, der bei seiner letzten "Ronde" den vierten Triumph und alleinigen Siegrekord verpasste, jagten dem Weltmeister vergeblich hinterher. Nach dem Ziel sagte Cancellara der "Ronde" adieu und winkte ins Publikum. Sagan, seit Tom Boonen (2006) der erste amtierende Weltmeister, der in Flandern gewinnt, wurde da schon gefeiert.
Mitfavorit van Avermaet stürzt
Das fordernde Rennen mit insgesamt 18 giftigen Anstiegen (Hellingen) und kniffligen Kopfsteinpflaster-Passagen (Kasseien) war über weite Strecken hektisch und temporeich. Immer wieder kam es zu Stürzen, zu deren Opfern auch der belgische Mitfavorit Greg van Avermaet zählte. Der 30-Jährige vom Team BMC Racing kam rund 100 km vor dem Ziel zu Fall und musste seine Hoffnungen mit einem Schlüsselbeinbruch frühzeitig begraben. Zuvor hatte es bereits seinen deutschen Helfer Marcus Burghardt erwischt, der Zschopauer verletzte sich am Knie.
Vereinzelt machten sich Fluchtgruppen auf den Weg, in denen sich auch Top-Sprinter Andre Greipel (Lotto-Soudal) und Nils Politt (Katjuscha) couragiert zeigten. In der entscheidenen Rennphase gehörte die Bühne jedoch Sagan.
Die Jubiläumsausgabe des wichtigsten Radrennens in Belgien stand auch im Zeichen der tragischen Tode von Demoitie und Myngheer am Osterwochenende. Demoities Team Wanty-Groupe Gobert mit dem Frankfurter Björn Thurau war zur Startzeremonie auf dem Grotemarkt in Brügge mit schwarzen Kappen und schwarzen T-Shirts mit dem Konterfei des verunglückten Kollegen gekommen. Für Wanty war es das erste Rennen, seit Demoities Todessturz bei Gent-Wevelgem. Auf dem Rahmen der blauen Räder der Mannschaft war der Schriftzug "RideForAntoine" eingraviert.
Zum Zuschauen verdammt war noch immer John Degenkolb. Der Klassiker-Spezialist hatte sich den Sieg bei der "Ronde" ursprünglich zum Ziel gesetzt, die Folgen seines schweren Unfalls im Trainingslager im Januar machten einen Start aber unmöglich. "Ich muss zugeben, es ist schrecklich dieses wunderbare Rennen nur am Fernseher verfolgen zu können", schrieb Degenkolb am Sonntag bei Twitter. Auch am kommenden Wochenende wird der 27-Jährige seinen Titel bei Paris-Roubaix nicht verteidigen können.