Kristina Vogel wollte nicht vermessen klingen und zögerte kurz, doch schließlich braucht selbst eine mehrfache Weltmeisterin und Olympiasiegerin noch Ziele. "Aktuell bin ich einfach nur glücklich und möchte gar nicht zählen", sagte die Sprint-Königin, ehe sie nach ihrem zweiten Gold bei den Bahnrad-Weltmeisterschaften in Hongkong den Rekord der Australierin Anna Meares ins Visier nahm: "Ich brauche noch drei Titel, um sie zu überholen. Klar habe ich das vor Augen, ich möchte das frühstmöglich fertig machen."
Elf WM-Titel sammelte Meares in ihrer beispielhaften Karriere, Vogel hat nach Abschluss der Titelkämpfe in Fernost neun Regenbogentrikots im Schrank. Irgendwann als erfolgreichste Bahnradsprinterin überhaupt in die Annalen einzugehen, ist ihr erklärter Wunsch. Der jüngste Coup gelang Vogel am Ostersonntag mit der erfolgreichen Titelverteidigung im Keirin. Im Finale setzte sich die Erfurterin vor Martha Bayona (Kolumbien) und Nicky Degrendele (Belgien) durch.
"Ich liebe meinen Job"
"Es war wichtig, dass ich immer das Heft in der Hand behielt, das ist mir gelungen. Ich liebe meinen Job einfach, es macht mir Spaß", sagte Vogel, die nach 2014 und 2016 ihren insgesamt dritten WM-Erfolg im Keirin feierte. Bundestrainer Detlef Uibel war begeistert: "Man kann gar nicht genug Superlative finden für ihre Leistung!"
Für Vogel, die in Hongkong zudem in die Athletenkommission des Weltverbandes UCI gewählt wurde, war es die insgesamt dritte Medaille in Hongkong. Am Freitag hatte die 26-Jährige als Top-Favoritin das Sprintturnier gewonnen. "Ich habe gezeigt, wer der Chef im Ring ist", sagte Vogel danach.
Teamsprint zum Auftakt
Zum WM-Auftakt war sie an der Seite von Miriam Welte (Kaiserslautern) Dritte im Teamsprint geworden. "Ich bin froh, dass ich noch auf der Welle von Rio schwimmen kann", sagte Vogel, die vor acht Monaten in Brasilien auf denkwürdige Weise Sprint-Olympiasiegerin geworden war.
Für den BDR erkämpfte sie in Hongkong am letzten Wettkampftag das fünfte WM-Edelmetall. Neben der dreifachen Medaillengewinnerin Vogel holten Welte (500-m-Zeitfahren) und Lucas Liss (Unna/Scratch) Silber. Trotz einiger ernüchternder Leistungen wie dem Debakel im Teamsprint der Männer fiel das Fazit des Verbandes positiv aus.
"Blick geht nach Tokio"
"Wir sind nicht unzufrieden. Eine Weltmeisterschaft im ersten Jahr nach den Olympischen Spielen steht immer unter anderen Vorzeichen", sagte Sportdirektor Patrick Moster: "Wir wissen, woran wir arbeiten müssen, um bei Olympia 2020 erfolgreich zu sein. Unser Blick geht nach Tokio."
Dort soll es auch für die Enttäuschten von Hongkong besser laufen. Zu diesen zählte unter anderem Joachim Eilers (Chemnitz), der am Sonntag wie zuvor bereits im Keirin die erfolgreiche Titelverteidigung verpasste. Der zuletzt gesundheitlich angeschlagene Chemnitzer belegte in 1:01,221 Minuten den fünften Rang.
Vergeblicher Protest nach Disqualifikation
"Ich habe das Maximum herausgeholt", sagte Eilers. Der 27-Jährige war im Winter erst vom Pfeifferschen Drüsenfieber ausgebremst worden, in Hongkong musste er dann tagelang wegen eines Infekts auf das Training verzichten.
Auch Max Niederlag haderte. Der 23-Jährige aus Chemnitz schied bereits am Samstag im Viertelfinale des Sprintturniers gegen den Briten Ryan Owens wegen einer umstrittenen Disqualifikation aus. Der BDR legte nach "dieser Farce" (Uibel) vergeblich Protest gegen die Entscheidung ein.