Vor gut einem Jahr wäre die 34-Jährige bei einem Horrorsturz im olympischen Straßenradrennen fast gestorben - jetzt durfte van Vleuten stolz das Regenbogentrikot überstreifen.
"Es ist so großartig, den Titel mit meiner Mutter zu feiern - gerade nach Rio im letzten Jahr. Das war ein sehr harter Tag für sie", sagte van Vleuten ergriffen. Sie fügte an: "Mit meiner Mutter nicht nur die Tiefen, sondern auch diesen Höhepunkt zu erleben, ist ganz besonders."
Auf der anspruchsvollen WM-Strecke im norwegischen Bergen lag van Vleuten (28:50 Minuten) gut zwölf Sekunden vor ihrer Landsfrau Anna van der Breggen. Die deutschen Frauen blieben im zweiten Jahr in Folge ohne Podestplatz im Kampf gegen die Uhr. Ex-Weltmeisterin Lisa Brennauer (Durach) und Trixi Worrack (Cottbus) enttäuschten auf den Plätzen zwölf und 17, die Niederländerinnen wurden dagegen ihrer Ausnahmestellung eindrucksvoll gerecht.
Van Vleuten genoss den Moment des Triumphs, der ihr die Bilder des Unglücks in Rio de Janeiro noch einmal vor Augen führte. Kopfüber war sie in Führung liegend in einer halsbrecherischen Abfahrt gestürzt und mit dem Genick gegen einen Bordstein geprallt. Van Vleuten war sofort bewusstlos, das Schlimmste musste befürchtet werden. Doch die Niederländerin überstand den Horrorsturz mit vergleichsweise glimpflich und saß einige Wochen später wieder auf dem Rad.
van Vleuten erstmals Weltmeisterin, BRD enttäuscht
Am Dienstag krönte van Vleuten ihre herausragende Saison und durfte den ersten WM-Triumph im Einzelzeitfahren ihrer Karriere feiern - vor van der Breggen, die in Rio das Straßenrennen gewonnen und Gold ihrer zuvor gestürzten Teamkollegin gewidmet hatte.
Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) wartet derweil weiter auf das erste Edelmetall dieser Titelkämpfe. Brennauer lag 1:48 Minuten zurück, Worrack sogar mehr als zwei Minuten hinter der Siegerin. "Ich habe mich nicht gut gefühlt, keinen Druck auf die Pedale gebracht", sagte die 35-Jährige, die zum 20. Mal in Folge an einer WM teilnimmt.
Brennauer, die 2014 in Spanien triumphiert und 2015 immerhin noch Bronze geholt hatte, wollte eigentlich in die Nähe des Podiums fahren. "Ich bin gut vorbereitet und hoch motiviert", hatte die Allgäuerin gesagt und auf ihre zuletzt ansteigende Form verwiesen. Den Beweis blieb die 29-Jährige schuldig.