Marcel Kittel und André Greipel schonten sich für den großen Sprinter-Showdown am Mittwoch, stattdessen raste Michael Matthews auf der größtmöglichen Bühne ins Rampenlicht. Der australische Radprofi hat nach einem Katz-und-Maus-Spiel die zehnte Etappe der 103. Tour de France gewonnen.
Im spannenden Finalsprint einer Fluchtgruppe setzte sich der 25-Jährige vom Team Orica-Bike Exchange nach 197 km zwischen Escaldes-Engordany in Andorra und Revel gegen Weltmeister Peter Sagan (Tinkoff) und Edvald Boasson Hagen (Norwegen/Dimension Data) durch.
Während Matthews seinen ersten Tageserfolg bei der Frankreich-Rundfahrt bejubelte, war Sagan trotz des zweiten Platzes nicht unzufrieden. Denn der Slowake rückte die Verhältnisse im Kampf um das Grüne Trikot zurecht und übernahm auch dank des gewonnenen Zwischensprints die Führung in der Punktwertung.
Attacken am kurzen Schlussanstieg verpuffen
In Revel, wo vor 50 Jahren der im Juni verstorbene Rudi Altig eine Etappe gewonnen hatte und Karl-Heinz Kunde am gleichen Tag ins Gelbe Trikot geschlüpft war, fiel die Entscheidung auf den letzten Metern. Dabei bewies Matthews das richtige Gespür und siegte mit deutlichem Vorsprung.
An der Côte de Saint-Ferréol, einem Anstieg der dritten Kategorie nur sieben Kilometer vor dem Ziel, waren zuvor alle Attacken innerhalb der mit sprintstarken Fahrern gespickten Fluchtgruppe verpufft.
Sagans Hinterrad wurde bis zum Ziel zur begehrtesten Position, doch der sehr aufmerksame Weltmeister konterte zunächst jeden Angriff. Matthews hatte er auf den letzten Metern aber nichts mehr entgegenzusetzen.
Ausreißergruppe bildet sich am letzten Pyrenäen-Anstieg
Lange vor dem Schlusssprint musste sich das Feld noch einmal durch die Pyrenäen quälen. Gleich nach Etappenstart in Andorra begann der Aufstieg auf den 2408 m hohen Port d'Envalira - das Dach der Tour 2016. Erst kurz vor Erreichen des höchsten Punktes der Rundfahrt setzen sich einige Fahrer vom Hauptfeld ab, die 15-köpfige Gruppe um Sagan und Ex-Tour-Champion Vincenzo Nibali (Italien/Astana) fuhr in der Folge einen Vorsprung von maximal sieben Minuten heraus.
In der Nachführarbeit ließ es das Hauptfeld lange gemächlich angehen, erst auf den letzten 50 km wurde das Tempo verschärft, wenn auch nicht geschlossen und mit letzter Konsequenz. Auch deshalb schaffte es die inzwischen ausgedünnte Ausreißergruppe ungefährdet über die Côte de Saint-Ferréol und schließlich ins Ziel.
Von Greipel und Kittel war dieser Anstieg schon im Vorfeld als zu anspruchsvoll ausgemacht worden. Am Mittwoch ist das Terrain dagegen wie gemacht für die besten Sprinter. Der 162,5 km lange Weg von Carcassonne nach Montpellier bietet kaum größere Klippen und sollte eine neue Chance ermöglichen, Cavendish zu bezwingen, der bei dieser Tour schon drei Sprintetappen gewonnen hat.
"Es war eine eklige Etappe, aber es hätte schlimmer kommen können. Morgen wird es kurz und schnell, mal gucken, was dann im Sprint herauskommt", sagte Kittel. Greipel hofft auf einen perfekten Tag: "Es sind viele Sprinter auf dem selben Level, Fehler werden direkt bestraft."