Auf Umwegen war die Heidelbergerin nach Shanghai gekommen, dann musste sie nur noch den Füßen von Rekord-Weltmeister Thomas Lurz folgen. "Er hat ein bisschen mehr Beine gemacht, dann war der Sog größer", berichtete die 23-Jährige nach dem dritten Platz mit dem Team am Strand von Jinshan.
"Mein Gott, ich kann das alles noch gar nicht glauben", sagte sie später, als sie noch einmal über ihren ungewöhnlichen Weg nach Shanghai nachgedacht hatte. Vor sieben Wochen waren ihre WM-Träume noch geplatzt.
Drei deutsche Meistertitel fischte die Langstreckenspezialistin in Berlin aus dem Becken, doch weder über 400 noch über 800 und 1500 m reichte die Zeit, um das Ticket nach China zu lösen.
Härle nutzt zweite Chance
Freiwasser-Bundestrainer Stefan Lurz bot ihr unverhofft eine neue Chance, Härle nutzte sie, qualifizierte sich draußen für das große Ziel, das sie drinnen nicht erreicht hatte. Am Jinshan City Beach führte sie dann der Rekord-Weltmeister Thomas Lurz höchstpersönlich zu ihrer ersten WM-Medaille.
Er war im Dreier-Team des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV) das Bindeglied zwischen Vorschwimmer Jan Wolfgarten und Härle. Stimmte im trüben Wasser vor Jinshan das Tempo an der Spitze nicht, musste der Freiwasser-Neuling hinten Alarm geben - mit einem Schlag auf die Füße des Vordermannes.
Ein Schlag ins Wasser war der Donnerstag für die Springer, die in den ersten WM-Tagen mit drei Medaillen noch für die Erfolgsgeschichten gesorgt hatten. "Stark angefangen, stark nachgelassen", urteilte Vize-Weltmeister Patrick Hausding nach seinem überraschenden Halbfinal-Aus vom Drei-Meter-Brett. Was für den Vorspringer aus Berlin zutraf, passte auch auf Nora Subschinski.
Drei Tage nach ihrem Bronze-Sprung mit Christin Steuer misslang der 23-Jährigen im Einzel-Finale vom Turm fast alles. Statt in der Nähe der Medaillenränge landete die Berlinerin abgeschlagen auf dem zwölften und letzten Platz.
Fassungslosigkeit bei den Springern
"Beim Einspringen war alles gut, ich habe mich gut gefühlt. Ich kann noch gar nicht sagen, woran es lag", sagte sie niedergeschlagen. Beim Sprung aus dem Handstand im zweiten Durchgang hatte die Fehlerserie begonnen. "Den kann ich eigentlich im Schlaf. Rückwärts ging es dann nur noch daneben."
Letzte Hoffnung der Wasserspringer auf die angestrebte vierte Medaille ist am Sonntag Turmspringer Sascha Klein. "Er ist unser heißestes Eisen im Feuer", sagte DSV-Leistungssportdirektor Lutz Buschkow. Der Doppel-Europameister hatte zusammen mit Hausding im Synchronspringen aus zehn Metern den starken Anfang gemacht.
Auf Kopfschütteln und Unverständnis im deutschen Team traf das Urteil des internationalen Sportgerichtshof CAS im Fall Cesar Cielo. "Die Entscheidung ist schwer nachvollziehbar. Wenn er jetzt hier startet, wird es einen bösen Beigeschmack haben", kommentierte Buschkow die Entscheidung, Brasiliens Olympiasieger trotz positiven Dopingbefunds bei der WM starten zu lassen.
Doping-Fall sorgt für Aussehen
Der CAS bestätigte drei Tage vor Beginn der Becken-Wettkämpfe die Verwarnung für den Doppel-Weltmeister über 50 und 100 m Freistil durch den brasilianischen Verband und folgte damit der Argumentation des Weltrekordlers. Der 24-Jährige hatte erklärt, das verbotene harntreibende Medikament Furosemid unwissentlich mit einer Koffeinkapsel eingenommen zu haben. Der Weltverband FINA hatte eine dreimonatige Sperre beantragt.
"Sehr suspekt" findet Steffen Deibler den gesamten Fall. Der Kurzbahn-Weltrekordler muss nun in Shanghai über 50 m Schmetterling gegen Cielo antreten. "Da macht man sich natürlich seine Gedanken. Ich will jetzt nicht hoffen, dass sie kollektiv dopen, aber es kann natürlich sein", sagte der Hamburger: "Ich fände es gut, wenn die FINA jetzt mal konsequent durchgreift. Es gab ja einige Fälle in den letzten Jahren, wo es sehr lasch gehandhabt wurde. Es wäre ein gutes Zeichen, wenn da mal durchgegriffen wird."
Gegen Cielo schwimmt in Shanghai auch der Frankfurter Marco di Carli, der derzeit die Weltrangliste über 100 m Freistil vor dem Brasilianer anführt. Deibler, di Carli und Co. absolvierten am Donnerstag ihre ersten Trainingseinheiten in der WM-Schwimmarena "Krone".
Der futuristische Bau und sein Innenleben fanden Anklang. "Die Wassertemperatur ist etwas kühler als im Trainingspool, das ist gut", meinte Rückenschwimmer Helge Meeuw, "es ist eine sehr schöne Halle, da lohnt sich für mich der Blick an die Decke."