Biedermann und Co. unter Druck

SID
Biedermann hofft bei der WM auf Medaillen
© getty

Vom Olympia-Debakel in London hat sich der deutsche Schwimmsport ein wenig erholt, doch die große Bewährungsprobe kommt erst jetzt. Bei der WM im russischen Kasan (24. Juli bis 8. August) dürfen sich Paul Biedermann, Patrick Hausding und Co. keinen neuerlichen Rückschlag erlauben, ansonsten droht ein Jahr vor den Sommerspielen in Rio de Janeiro die halbwegs positive Grundstimmung wieder zu kippen.

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"Ich wünsche mir, dass wir in allen Sportarten einen guten Teamgeist an den Tag legen und im Kampf um die Medaillen ein paar Highlights setzen, die große Lust auf Olympia machen", sagte Präsidentin Christa Thiel vom Deutschen Schwimm-Verband (DSV) dem SID über die am Freitag beginnenden Titelkämpfe in der Hauptstadt der Republik Tatarstan.

Auch für DSV-Leistungssportdirektor Lutz Buschkow ist die erste Schwimm-WM auf russischem Boden die Standortbestimmung schlechthin. "Uns wird der Spiegel vors Gesicht gehalten. Dort werden wir sehen, wie gut wir im Vergleich mit der Weltspitze aussehen", sagte Buschkow: "Unser Hauptziel sind die Olympia-Quotenplätze, aber wir wollen mit unseren besten Athleten auch Edelmetall holen."

Laut Zielvereinbarungen mit dem DOSB soll das DSV-Team in den 75 Entscheidungen insgesamt sieben bis elf Medaillen gewinnen. Allerdings bezeichnet Bundestrainer Henning Lambertz die Vorgabe für die Beckenschwimmer (4-6) und die Freiwasserschwimmer (2-3) ohne den zurückgetretenen Rekord-Weltmeister Thomas Lurz als "utopisch".

Vorsicht vor den Chinesen

Einzig die Wasserspringer um das Weltmeister-Duo Patrick Hausding/Sascha Klein könnten ihr Soll (1-2) übererfüllen. Klippenspringerin Anna Bader, WM-Dritte von 2013, zählt in der nicht-olympischen Disziplin ebenfalls zum Favoritenkreis. Peinlich für den DSV ist, dass das Wasserball-Turnier ohne deutsche Beteiligung stattfindet und in Marlene Bojer nur eine Synchronschwimmerin am Start ist.

Für einen gelungenen WM-Auftakt sollen die erfolgverwöhnten Wasserspringer sorgen. "So etwas hebt die Stimmung und stärkt die Moral", sagte Buschkow. Die Weltmeister Hausding/Klein haben jedoch bei ihrer Titelverteidigung vom Turm am Sonntag eine "Mission Impossible" vor der Brust.

"Wir würden Gold wieder mitnehmen, aber nochmal werden es die Chinesen bestimmt nicht so verhauen", sagte Hausding. Ziel der achtmaligen Europameister sei eine Medaille und damit das sichere Ticket für Olympia in Rio.

Biedermann mit Chancen

Das kann Freiwasserschwimmerin Isabelle Härle in der olympischen Disziplin über 10 km schon mit einem Top-Ten-Platz buchen. Für ihre Olympia-Chance verzichtet die Europameisterin auf ihre Paradestrecke über fünf Kilometer am Samstag.

Erst in der zweiten WM-Woche greifen die Beckenschwimmer in der umgebauten Fußball-Arena ins Geschehen ein. Zurzeit holen sich Biedermann und Co. den Feinschliff im türkischen Belek. "Wir haben hier Wettkämpfe simuliert, und die Zeiten waren richtig stark. Wenn wir diese Form nach Kasan rüberretten können, bin ich sehr zuversichtlich", sagte Bundestrainer Lambertz.

Die Chancen des kerngesunden Biedermann stehen durch die Abwesenheit seiner Rivalen Michael Phelps (Ausschluss nach Alkoholfahrt) und Yannick Agnel (Trainingsrückstand) "gar nicht so schlecht", wie auch Freundin Britta Steffen meinte. Weltrekordler Biedermann, der mit der weltweit besten Zeit in diesem Jahr über 200 m Freistil startet, lässt der Erwartungsdruck kalt: "Dieser Jahresweltbestzeit messe ich überhaupt nichts bei. Es kommt drauf an, was jetzt geschwommen wird."

Neben Biedermann sind aus deutscher Sicht nur Europameister Marco Koch (200 m Brust) und Franziska Hentke (200 m Schmetterling) ernsthafte Medaillenkandidaten. Mit etwas Glück könnte auch die von Biedermann angeführte 4x200-m-Freistilstaffel den Sprung aufs Podest schaffen.

Das Aufgebot des DSV in der Übersicht

BECKENSCHWIMMEN (31)

Frauen (13): Dorothea Brandt, Isabelle Härle (Essen), Annika Bruhn, Marlene Hüther (Saarbrücken), Leonie Antonia Beck (Würzburg), Franziska Hentke, Johanna Friedrich (beide Magdeburg), Sarah Köhler (Frankfurt), Jenny Mensing (Wiesbaden), Alexandra Wenk (München), Lisa Graf (Berlin), Vanessa Grimberg (Stuttgart), Theresa Michalak (Leverkusen)

Männer (18): Sören Meißner, Ruwen Straub (beide Würzburg), Hendrik Feldwehr, Christian vom Lehn (beide Essen), Christian Diener, Carl Louis Schwarz (beide Potsdamer), Jan-Philip Glania, Marco di Carli (beide Frankfurt), Steffen Deibler (Hamburg), Marco Koch (Darmstadt), Paul Biedermann (Halle/Saale), Clemens Rapp (Heidelberg), Jacob Heidtmann (Elmshorn), Florian Vogel (München), Kevin Wedel (Mainz), Alexander Kunert (Gelnhausen), Christoph Fildebrandt (Saarbrücken), Maximilian Oswald (Berlin)

FREIWASSERSCHWIMMEN (8)

Frauen (3): Angela Maurer (Mainz), Isabelle Härle (Essen), Finnia Wunram (Magdeburg)

Männer (5): Christian Reichert, Alexander Studzinski (beide Wiesbaden), Rob Muffels, Florian Wellbrock (beide Magdeburg), Andreas Waschburger (Saarbrücken)

WASSERSPRINGEN (14)

Frauen (7): Maria Kurjo, My Phan, Nora Subschinski, Christina Wassen, Elena Wassen (alle Berlin), Tina Punzel, Louisa Stawczynski (beide Dresden)

Männer (7): Sascha Klein, Martin Wolfram, Timo Barthel (alle Dresden), Patrick Hausding, Oliver Homuth (beide Berlin), Stephan Feck, Dominik Stein (beide Leipzig)

KLIPPENSPRINGEN (1)

Anna Bader (Mainz)

SYNCHRONSCHWIMMEN (1)

Marlene Bojer (München)

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