Seit neun Monaten ist Marco Koch Weltmeister, doch im Geld schwimmt er nicht. Im Gegenteil: Der Gold-Kandidat für Rio sammelt jeden Euro für sein Olympia-Projekt. "Ein paar Leute aus der Region unterstützen mich", sagt der Darmstädter im Gespräch mit dem SID, "eine kleine Firma mit 50 Euro im Monat, einige Privatpersonen mit kleineren Beträgen."
Sein Heimatverein DSW 1912 hatte die Aktion "Marco Koch for Gold" gestartet. Es sollten die finanziellen Voraussetzungen für die bestmögliche Olympia-Vorbereitung geschaffen werden. "Es sind ein paar Sachen zusammengekommen", berichtet Koch, "aber weniger als gedacht." Schuld ist eine andere Sportart. "Nach dem Bundesliga-Aufstieg schauen in Darmstadt alle auf den Fußball."
Dennoch hofft der einzige aktuelle deutsche Schwimm-Weltmeister, dass er zumindest die Reise nach Brasilien angenehmer gestalten kann. "Ich arbeite darauf hin, dass ich Business fliegen kann", sagt der 26-Jährige, der am Wochenende bei der DM in Berlin seine starke Form bestätigen will: "Bei einem so langen Flug wäre das deutlich entpannter."
Training im Freibad
Koch ist Widrigkeiten gewohnt - und niemand, der jammert. Während seine Konkurrenten mitunter in nagelneuen Hallen mit allem Hightech trainieren, zieht der Darmstädter im Freibad seiner Heimatstadt zwischen Senioren und Kindern seine Bahnen. Bei jedem Wetter. "Das Wasser ist normalerweise warm genug, es geht schon", sagt Koch.
Anfang Juli wird er mehr Platz im Becken haben. Dann springt er spätabends ins Wasser, wenn das Freibad eigentlich schon geschlossen ist. "Bei Flutlicht", um den Ablauf in Rio zu simulieren. Dort beginnen die Endläufe um 22.00 Uhr Ortszeit. "Ich denke, dass es kein großartiges Problem ist", sagt Koch gewohnt unaufgeregt.
Wie Weltrekordler Paul Biedermann schon vorher einmal den anderen Tagesrhythmus zu testen, kommt für ihn nicht infrage. "Das Hin und Her ist anstrengend für den Körper, das ist nicht so sinnvoll für mich." Ein Test, kurz bevor es ins vorolympische Trainingslager in Florianopolis geht, soll reichen.
"Noch ein bisschen stärker als letztes Jahr"
In Rio geht Koch als Goldfavorit auf die 200 m Brust. Zweimal ist er in diesem Jahr bereits schneller geschwommen als bei seinem WM-Triumph im vergangenen Sommer in Kasan. Mit 2:07,69 Minuten führt er die Weltrangliste deutlich an. Er fühlt sich "noch ein bisschen stärker als letztes Jahr", sagt er, glaubt aber auch, dass er für Olympia-Gold noch schneller sein muss. "Den Weltrekord muss man auf jeden Fall schaffen - die Frage ist, wie weit man drunter bleiben muss." Die Bestmarke steht seit 2012 bei 2:07,01 Minuten, Kochs deutscher Rekord vom EM-Sieg 2014 in Berlin bei 2:07,47.
Seine Goldmedaillen aus Kasan und Berlin liegen "irgendwo im Schrank". Sollte er in Rio das kostbarste Edelmetall für einen Sportler gewinnen, will er sich "überlegen, was ich damit mache". Aber eigentlich findet er die Zeugnisse seiner größten Erfolge "nicht so dekorativ, dass ich sage: Wow, das muss ich unbedingt aufhängen."