Die Opposition hatte wie erwartet keine Chance: Der Italiener Paolo Barelli, Chef des Europäischen Schwimm-Verbandes LEN, scheiterte klar bei seinem Versuch, Maglione vom Thron zu stoßen. Der bereits 81-Jährige Uruguayer erhielt 77 Prozent der Stimmen - auch wenn er im Siegesrausch immer wieder von "über 90 Prozent" sprach. Christa Thiel, die langjährige Chefin des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV), wurde nicht ins erweiterte FINA-Präsidium gewählt.
Dass Al-Musallam trotz Korruptionsvorwürfen zweitstärkster Mann im Weltverband bleiben und womöglich auf eine baldige Beförderung zum FINA-Boss hoffen darf, werten Kritiker als klaren Beweis für fehlenden Reformwillen. Der Kuwaiti soll in seiner Funktion als Generaldirektor des Olympischen Rates Asiens (OCA) bei einem Sponsorendeal eine persönliche Kommission verlangt haben. Al-Musallam bestreitet die Vorwürfe.
Al-Musallam soll Maglione-Nachfolge antreten
Eine Abstrafung musste er ohnehin nicht befürchten, die FINA-Familie hält generell zusammen. Die Bestimmung zum Ersten Vizepräsidenten unter den insgesamt fünf Maglione-Stellvertretern dauerte "nur ein paar Sekunden", sagte Barelli: "Diese Geschichte war schon vorher geschrieben."
Al-Musallams Weg auf den Thron ist damit geebnet. Es gibt Vermutungen, dass Maglione nicht die volle Amtszeit ausführt, sondern dass Al-Musallam noch vor den nächsten Wahlen 2021 als FINA-Interimspräsident übernimmt. "Sie müssen verrückt sein!", antwortet Maglione einem Journalisten auf die Frage danach: "Ich bin für vier Jahre gewählt worden."
Der frühere Schwimmer, seit 1984 im Präsidium und hervorragend vernetzt, profitierte von einer abgeschafften Altersbegrenzug. In der von der FINA produzierten täglichen Zeitung zur WM in Budapest lächelte der 81-Jährige auf der Titelseite von Sonntag, dazu die fast schon humorvolle Überschrift: "Eine glänzende Zukunft."
Katinka Hosszu: "In der FINA herrscht Chaos"
Maglione sprach nach dem Kongress generell davon, dass "alles hundertprozentig demokratisch" abgelaufen sei. Außerdem versprach er nicht näher definierten Athletenvertretern einen Sitz in der Exekutive und im Technischen Komitee.
Dass sich wirklich etwas ändert, glauben die Wenigsten. "Es ist keine Übertreibung zu sagen: In der FINA herrscht Chaos", hatte Ungarns Schwimmstar Katinka Hosszu vor dem Kongress gesagt. Die dreifache Olympiasiegerin von Rio fordert für ihre neugegründete Profischwimmer-Vereinigung mehr Mitspracherecht.
Der unterlegene Barelli verzichtete auf einen großen Rundumschlag nach seiner Niederlage. "Es gibt bei der FINA große Probleme in Sachen Führung, aber wir wollen positiv denken", sagte der Italiener.