"Es ist einfach nur geil, dass sich die lange Arbeit endlich ausgezahlt hat", sagte die Europameisterin, und die Tränen schossen ihr in die Augen. In 2:05,39 Minuten hatte sie beinahe sogar Gold über 200 m Schmetterling gewonnen, nur 13 Hundertstel fehlten ihr auf die siegreiche spanische Olympiasiegerin Mireia Belmonte: "Es kann sein, dass ich sie noch bekommen hätte, wenn die Bahn fünf Meter länger wäre. Aber das ist jetzt scheißegal."
Mit ihrem Silber-Coup erlöste die Magdeburgerin das deutsche Team. Als erste DSV-Schwimmerin mit einer WM-Einzelmedaille seit Britta Steffen 2009 verhinderte ein Jahr nach dem Olympia-Debakel von Rio de Janeiro eine historische Nullnummer in Budapest. 62 Minuten zuvor war der WM-Traum von Philip Heintz geplatzt. Der Olympiasechste, als Jahresweltbester angereist, war über 200 m Lagen als enttäuschender Siebter mehr als eine Sekunde zu langsam für Bronze. Dann scheiterte Marco Koch überraschend schon im Halbfinale. Der Titelverteidiger über 200 m Brust verabschiedete sich als Elfter - mit gerissener Innenhose.
Hentke erlöst den DSV
Eine Viertelstunde später rettete Hentke den DSV vor einem neuen Tiefpunkt. Mit der ersten WM-Medaille auf ihrer Paradestrecke seit Annika Mehlhorn 2001 (Silber) ersparte sie den deutschen Schwimmern die erste Weltmeisterschaft ohne Edelmetall. Nach Kochs Aus gehen bis zum Abschluss der Wettkämpfe am Sonntag nur noch die deutsche Rekordhalterin Lisa Graf über 200 m Rücken und die Männerstaffeln (Lagen und 4x200 m Freistil) mit Finalchancen ins Wasser - weitere Medaillen sind eigentlich außer Reichweite.
Mit WM-Silber beendete Hentke auch ihren Weltranglisten-Fluch. Zur WM 2015 war sie ebenfalls als Jahresweltbeste angereist, schwamm aber als Vierte knapp am Podest vorbei. Bei Olympia in Rio scheiterte sie als Nummer zwei der Welt schon im Halbfinale. Weil ihr in der Vergangenheit die Nerven oft einen Streich spielten, arbeitete sie verstärkt im psychologischen Bereich. Diesmal kam sie bis auf 13 Hundertstel an ihren deutschen Rekord heran.
Heintz, laut Lambertz "unser heißestes Eisen im Feuer", blieb in 1:57,43 Minuten mehr als eineinhalb Sekunden über seinem Rekord vom Juni. "Ich bin total alle", sagte der 26-Jährige aus Heidelberg, "es ging irgendwie nicht schneller. Am Ende bin ich sowas von gestorben." Heintz hatte bei der DM vor fünf Wochen seine deutsche Bestmarke aus dem olympischen Finale um rund eineinhalb Sekunden nach unten gedrückt.
Koch mit gerissener Hose
Noch-Weltmeister Koch hatte schon vor dem Start Pech. "Mir ist eine Minute vorher die Innenhose in der Badehose gerissen. Ich habe bei jedem Beinschlag Wasser in die Hose bekommen", sagte der Darmstädter, dem nach 2:09,61 Minuten acht Zehntelsekunden zum Finaleinzug fehlten.
Koch war schon am Morgen denkbar schlecht ins Unternehmen Titelverteidigung gestartet. Erst mühte er sich im Vorlauf als 13. weiter, dann wurde er unmittelbar nach dem Rennen zur erneuten Dopingprobe gebeten. "Dass man das nach einem Vorlauf reindrücken muss, verstehe ich nicht", sagte Koch, der schon nach seiner Ankunft in Budapest morgens um fünf von einem Kontrolleur geweckt worden war.