Als er die entscheidende Rote in die Ecktasche lochte und Ding Junhui somit Snooker brauchte, zeigte Selby mit grimmiger Entschlossenheit in seine Box, wo Frau Vikki und Tochter Sophia zuschauten. Wenig später fiel zwar eine weitere Rote nicht, aber der Vorsprung nach dem 74er-Break war zu groß: Junhui gab auf und Mark Selby war zum zweiten Mal in seiner Karriere Snooker-Weltmeister. Während die Zuschauer im altehrwürdigen Crucible Theatre von Sheffield jubelten, fiel der Sieger erst einmal erschöpft auf seinen Stuhl und gönnte sich ein Glas Wasser.
Das hatte er sich redlich verdient. Mit einer herausragenden Leistung im Finale hatte Selby von Beginn an den Grundstein für seinen Titel gelegt und die erste sechs Frames am Sonntag allesamt für sich entschieden. Ding Junhui aber kämpfte sich zurück und holte seinerseits mehrere Frames mit hohen Breaks, genau wie den 15. Frame, der über eine Stunde dauerte.
Um Selby zu stellen, reichte es aber nicht. 10:7 hatte der nach dem ersten Tag geführt, 14:11 stand es dann vor der finalen Session am Montagabend. Ein 103:0 und ein 67:60 später schien eine Vorentscheidung gefallen zu sein, doch beim Stand von 11:16 aus seiner Sicht drehte der 29 Jahre alte Chinese in seinem ersten Crucible-Finale auf und gewann die drei folgenden Frames zu Null, mit zwei Centuries.
"Diesmal war der Druck größer"
Ein taktisch geprägter Frame brachte Selby dann aber die "Mätchbälle". Er brauchte nur eine, räumte einen offenen Tisch zum großen Teil aber und ist nun um 330.000 Pfund, umgerechnet fast 420.000 Euro reicher. "Das ist fantastisch. Vor zwei Jahren war es etwas ganz Besonderes, aber diesmal war der Druck sehr viel größer", so Selby, der 2014 Ronnie O'Sullivan im Finale gestürzt hatte. "Es war ein hartes Endspiel, und wenn ich mir überlege, wie groß der Druck auf Ding war, wenn man nur an China denkt. Keine Ahnung, wie er das geschafft hat." Ding Junhui hatte im Turnier insgesamt 15 Centuries gespielt, lediglich Stephen Hendry gelangen einmal mehr.
Er habe sein bestes Snooker für das Finale aufgehoben, so Selby, der vor dem Turnier vom sechsfachen Champion Hendry im Interview mit SPOX als potenzieller Titelkandidat genannt worden war. "Ich bin einfach nur überglücklich. Zum Glück ist mein 'B-Game' ziemlich gut."
Nach der Partie durfte Selby übrigens doppelt jubeln. Der 32-Jährige ist in Leicester geboren und glühender Anhänger von Leicester City. Nach dem Sieg wurde er informiert, dass der Klub genau 13 Minuten zuvor den Meistertitel perfekt gemacht hatte. "Premier-League-Champion zu sein, ist eine fantastische Leistung und ich möchte Claudio und den Jungs sehr herzlich gratulieren." Sprachs - und ließ sich mit seinem neuen Pokal und einer großen Leicester-Flagge fotografieren.