Der Traum vom perfekten Comeback auf der Grand-Slam-Bühne endete für Tommy Haas im ungeliebten roten Sand von Paris. Nach 15-monatiger Verletzungspause verlor der 33-Jährige bei den French Open in Paris sein Erstrundenmatch gegen den Türken Marsel Ilhan mit 4:6, 6:4, 6:7 (1:7), 4:6. Nach dem knapp dreistündigen Match ging Haas mit gesenktem Kopf Richtung Netz, wirkte aber danach alles andere als niedergeschlagen. Vielmehr überwog die Freude über das Ende seiner Leidenszeit.
Vor Haas waren am zweiten Turniertag bereits Daniel Brands (Deggendorf), Julian Reister (Hamburg) und Angelique Kerber (Kiel) ausgeschieden. Am Sonntag hatten als erste der insgesamt 21 Deutschen Julia Görges (Bad Oldesloe) und Mona Barthel (Bad Segeberg) die zweite Runde erreicht.
Fehlende Matchpraxis, gute Ansätze
Dem gebürtigen Hamburger Haas, der wegen Operationen an der Leiste und am Ellbogen pausieren musste, war die fehlende Matchpraxis gegen den Weltranglisten-123. Ilhan deutlich anzumerken. Ungeachtet seiner 43 "unforced errors" zeigte Haas viele gute Ansätze und kämpfte sich nach einem schnellen 1:5-Rückstand im ersten Satz zurück in die Partie. Eine Schrecksekunde erlebten die Zuschauer auf dem überfüllten Court 17, als sich der frühere Weltranglisten-Zweite im dritten Satz vom Physiotherapeuten am Arm behandeln lassen musste.
Zuvor hatte Haas die Fans warten lassen. Erst mit zwölfminütiger Verspätung betrat er den Außenplatz im Stade Roland Garros, wo er bislang in seiner Karriere noch nie über das Achtelfinale hinauskam. Seit der Erstrunden-Niederlage gegen den Russen Teimuras Gabaschwili am 23. Februar 2010 in Delray Beach hatte Haas kein offizielles Einzel mehr bestritten. Sein Comeback auf der Tour hatte der frühere Bollettieri-Schüler Ende April beim ATP-Turnier in München gefeiert, als er im Doppel in Runde eins ausschied.
Kühnen lobt Haas für Comeback
Auch der auf der Tribüne sitzende Davis-Cup-Teamchef Patrik Kühnen lobte den Auftritt des Rückkehrers. "Tommy ist heiß, das hat man gesehen. Am Anfang hat man gemerkt, dass er lange kein Turnier gespiel hat. Aber dann hat er sich enorm gesteigert", sagte der 45-Jährige.
Nach dem Testlauf in Paris will Haas beim nächsten Turnier in Halle/Westfalen und dann auf dem heiligen Rasen von Wimbledon angreifen, wo er 2009 erst im Halbfinale an Roger Federer (Schweiz) gescheitert war. "Ich habe noch Ziele, bin nach wie vor ehrgeizig. Als Sportler und Einzelkämpfer will man es sich immer wieder beweisen, ob man noch eine Chance hat, gut zu spielen", meinte der Sonnyboy.
Tochter als Antrieb
Eine elemantare Triebfeder für Haas ist seine sechsmonatige Tochter Valentina. "Ich wünsche mir, dass sie mir nochmal zuschauen kann", sagte er über seine Erstgeborene, die kurioserweise schon ihre erste Begegnung mit Haas' langjährigem Förderer Nick Bollettieri hinter sich hat. "Nick hat Valentina den kleinen Ratschlag gegeben, nicht so verrückt zu werden, wie ihr Vater auf dem Court ist", hatte der gebürtige Hamburger mit amerikanischem Pass jüngst berichtet.
Und sogar das Thema Davis Cup hat Haas noch nicht ganz abgehakt. Kühnen hält seinem früheren Leistungsträger, der bei seinen Team-Auftritten eine Bilanz von 22:8 Siegen aufweist, jedenfalls die Tür offen. "Tommy in sehr guter Form ist für unsere Mannschaft immer eine Option", sagte Kühnen.
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