Die Enttäuschung stand Roger Federer ins Gesicht geschrieben, als er am Sonntagabend auf den Court humpelte und das Traumfinale mit versteinertem Blick platzen ließ. "Es tut mir leid, dass ich hier nur im Trainingsanzug erscheine. Ich bin nicht fit genug, um zu spielen", sagte der Schweizer und brachte die Fans in der Londoner O2-Arena schlagartig zum Schweigen: "Ich wollte nicht, dass es so endet."
Die ATP World Tour Finals der acht weltbesten Tennisspieler nahmen damit ein unrühmliches Ende, das mit Spannung erwartete Endspiel zwischen Federer und dem Weltranglistenersten Novak Djokovic fand gar nicht erst statt. Der Serbe gewann den Titel damit kampflos zum dritten Mal in Folge.
Stunden zuvor hatte es im Internet erste Gerüchte gegeben, der Schweizer habe sich eine Verletzung zugezogen. Die eigentlich obligatorische Pressekonferenz am Mittag hatte Federer ausfallen lassen - ehe er schließlich eine halbe Stunde vor Matchbeginn persönlich die Hiobsbotschaft verkündete.
Federer hofft auf Verständnis
"Ich habe alles versucht, habe Schmerzmittel genommen, wurde rund um die Uhr intensiv behandelt", sagte er - letztlich aber siegte die Vernunft: "In dieser Verfassung kann ich einfach nicht mit Novak mithalten. Ich hoffe, dass ihr das verstehen könnt. Es war eine extrem schwierige Entscheidung, weil ich es liebe, hier zu spielen. Aber in meinem Alter kann ich das einfach nicht riskieren."
Ausgerechnet beim umkämpften Dreisatz-Sieg gegen seinen engen Freund und Landsmann Stan Wawrinka am Samstag hatte sich Federer eine Verletzung zugezogen - aus Sicht der Eidgenossen zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Denn ab kommenden Freitag greifen Federer, Wawrinka und Co. im Finale des Davis Cup in Frankreich nach dem Titel im bedeutendsten Teamwettbewerb der Welt.
Ob Federer dann wieder spielen kann und im Vollbesitz seiner Kräfte ist, scheint zumindest fraglich. "Ich hoffe, dass es mir schon bald wieder besser geht", sagte er deshalb schlicht, ehe er sich erneut beim Publikum entschuldigte.
Kampfloser Titelgewinn für Djokovic
In den vergangenen sieben Tagen hatte der Schweizer Altmeister für Furore gesorgt und die Fans mit nahezu perfektem Tennis verwöhnt. "Ich bewege mich offensiv und defensiv sehr stark, und vielleicht stimmt aus diesem Grund sogar, dass ich das beste Tennis meiner Karriere spiele", hatte er nach der überzeugenden Gruppenphase gesagt - ehe ihn die Rückenverletzung urplötzlich stoppte und zu seinem überhaupt erst dritten verletzungsbedingten Verzicht in seiner langen Karriere zwang.
So sicherte sich Wimbledon-Champion Djokovic kampflos den letzten großen Titel des Jahres - und das zum dritten Mal nacheinander. Das war zuvor nur Ivan Lendl (1985 bis 1987) und Ilie Nastase (1971 bis 1973) gelungen. Und ganz nebenbei überflügelte der "Djoker" mit seinem insgesamt vierten Erfolg beim Tour-Finale sogar seinen Trainer Boris Becker.
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