"Wimbledon war surreal"

SID
Boris Becker (l.) und Novak Djokovic freuen sich über den Wimbledon-Sieg
© getty

Der Wimbledonsieg von Novak Djokovic war für dessen Trainer Boris Becker nicht nur der Höhepunkt des Jahres 2014. "Seit dem Ende meiner aktiven Karriere war das sportlich die emotionalste Zeit", sagte Becker im Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung": "Ich hatte den echten Siegerpokal 25 Jahre nicht gesehen. Am Abend beim Gala-Dinner stand er da. Wir durften ihn streicheln, in die Höhe nehmen, haben Fotos gemacht. Das war bewegend."

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Im Wimbledonfinale gewann Djokovic gegen Roger Federer, der von Stefan Edberg trainiert wird. "Der Sieg war der absolute Höhepunkt", sagte Becker: "Djokovic gegen Federer. Und oben auf der Tribüne: Becker und Edberg! So was findet doch nur in Filmen statt. Dieses Wimbledon war surreal. Sogar für mich."

Ein Vierteljahr länger als bislang bekannt trainiert Becker den Weltranglistenersten Djokovic mittlerweile. "Unser Austausch hat drei Monate inkognito gut geklappt", sagte der dreimalige Wimbledonsieger: "Beim ATP-Finale im November 2013, wo Novak gewann, wollte er schon, dass ich auf die Bank gehe. Das war mir zu früh." Schon damals sei er aber im permanenten Austausch mit Djokovic und dessen Trainer Marjan Vajda gewesen.

"Bei Becker ist immer alles schwarz-weiß"

Zu Beginn ihrer offiziellen Zusammenarbeit, als Djokovic bei den Australian Open im Viertelfinale ausschied, habe er allerdings deutliche Kritik vernommen. "Er verlor 7:9 im fünften Satz gegen den späteren Sieger Stan Wawrinka. Keine Katastrophe. Aber es wurde gleich so gesehen. Bei Becker ist immer alles schwarz-weiß", sagte der gebürtige Leimener: "Für uns war das ein guter Test. Wir haben vier Wochen zusammen verbracht und gleich eine schwierige Phase gut überstanden."

Seit einiger Zeit sitzt Becker gemeinsam mit ehemaligen Profis wie Mats Wilander, Carlos Moya und John McEnroe als Experte im sogenannten Advisory-Board der Spielervereinigung ATP. "Wir sind aufgefordert, den Tennissport zu verändern. Von Grund auf. Warum heißt es 40:30? Warum geht der Satz bis sechs?", berichtete Becker über die erste Sitzung vor wenigen Wochen in London: "Wir besprechen alles, auch, ob Tennis zu lang dauert. Ist es wichtig, dass es drei Gewinnsätze gibt? Sind die Preisgelder richtig verteilt? Was machen wir, wenn Federer abtritt, Nadal auch?"

Sehr kritisch sieht Becker die Arbeit des Deutschen Tennis Bundes (DTB), in dem "über Jahre die falschen Personen in den falschen Positionen waren". Dass Michael Stich nicht zum DTB-Präsidenten gewählt wurde, kann Becker kaum nachvollziehen: "Ich habe die Diskussion mitbekommen, dass Michael Stich den ehrenamtlichen Präsidenten abschaffen wollte. In welchem Land, in welchem Jahrhundert leben wir, dass das noch nicht eingetreten ist? Vielleicht ist das das Problem."

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