Dank eines 3:6, 6:1, 7:5-Sieges im Finale des WTA-Turniers in Stuttgart gegen Caroline Wozniacki (Dänemark/Nr. 4) hat Kerber ihre wochenlange Krise endgültig hinter sich gelassen und nach elf Erfolgen in Serie wieder Kurs auf die Top Ten genommen.
Als Belohnung durfte die Weltranglisten-14. neben einem Preisgeld von 100.000 Euro auch ein 430 PS starkes Sportcabrio mit nach Hause nehmen. Samt der Gewissheit, dass sie in den Tagen des hochkarätig besetzten Hallensandplatz-Turniers zum neuen Publikumsliebling avanciert ist.
"Angie ist endgültig zurück"
Angeschlagen und mit dick bandagiertem Oberschenkel kämpfte sich Kerber mit Siegen über die topgesetzte Titelverteidigerin Maria Scharapowa (WTA-Nr. 2), Jekaterina Makarowa (beide Russland/Nr. 8), Madison Brengel (USA/Nr. 43) und US-Open-Finalistin Wozniacki zu ihrem fünften Karrierecoup. "Angie ist endgültig zurück", sagte Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner über ihre Nummer zwei, die beim Heimspiel endlich wieder die Qualitäten zeigte, die ihr zwischen Mitte Januar bis Ende März irgendwie abhanden gekommen waren.
Vor allen Dingen ihren bedingungslosen Kampfgeist hat sie neu entdeckt. "Hinter mir liegt eine schwierige Zeit. Aber jetzt spiele ich wieder mit Herz und Leidenschaft und habe Spaß auf dem Platz", meinte Kerber.
Sieg in Charleston entscheidender Schritt
Die Wende zum Guten war der introvertierten Linkshänderin vor knapp zwei Wochen gelungen, als sie nach Wochen voller Pleiten, Pech und Pannen völlig überraschend das Turnier in Charleston/South Carolina gewann. Es war der vielleicht entscheidende Schritt aus der Krise, die sich zu Beginn des Jahres nicht angedeutet hatte.
Kerber war in Brisbane (Viertelfinale) und Sydney (Halbfinale) gut in die Saison gestartet. Das Erstrunden-Aus bei den Australian Open aber setzte der mental labilen Kielerin mächtig zu. Der Biss fehlte, die Verunsicherung wurde immer größer. Es folgten drei weitere Auftaktschlappen. Ein Teufelskreis. Kerbers Spitzname "Houdini" war nur noch Schall und Rauch.
Kerber: "Habe gut trainiert"
Im Februar fiel sie nach knapp drei Jahren aus den Top Ten und verlor zudem den Status als deutsche Nummer eins an Petkovic. "Ich habe gut trainiert, aber konnte die Leistungen irgendwie nicht ins Match übertragen", berichtete "Angie".
Was in der Not folgte, war die Entlassung von Coach Benjamin Ebrahimzadeh und die neuerliche Zusammenarbeit mit ihrem alten Trainer Torben Beltz. "Er kennt mich einfach sehr gut und glaubt an mich", sagte Kerber, die zumindest in den nächsten Wochen noch mit Beltz arbeiten möchte: "Danach muss man schauen, wie es weitergeht."
In der schwierigen Zeit half der Wimbledon-Halbfinalistin von 2012 auch Steffi Graf. Bei einigen gemeinsamen Trainingseinheiten in Las Vegas gab die Ikone Tipps. "Es ist wichtig, auch mal andere Meinungen zu hören und neue Impulse zu bekommen", meinte Kerber, die Markenbotschafterin des Hauptsponsors des Stuttgarter Turniers ist. Kein Wunder, dass sie sich in der Schwabenmetropole fast wie zu Hause fühlt. Wiedererstarkt nach einer schweren Krise.