In einem Treppenhaus im All England Club, nicht weit vom Centre Court entfernt, erinnert ein Foto im Großformat an die Geburtsstunde eines Superstars. Selbstvergessen küsst die 17 Jahre junge Maria Sharapova die Venus Rosewater Schale, breite Buchstaben verkünden die "atemberaubendste Überraschung" der modernen Wimbledon-Geschichte.
Heute ist das Foto elf Jahre alt und erzählt von Sharapovas erstem Grand-Slam-Triumph. Gerade hatte die Russin mit den kindlichen Gesichtszügen die bis dato alles dominierende Serena Williams in zwei klaren Sätzen gedemütigt und den Traum der Amerikanerin vom Titel-Hattrick im Rasenmekka zerstört. Die Tennis-Welt war sich einig: Sharapova wird auf Jahre Williams' größte Rivalin sein.
>Williams dominiert
Am Donnerstag treffen sich beide im Halbfinale von Wimbledon auf dem Centre Court wieder, es ist ihr 20. Duell. Und wieder wäre ein Sieg Sharapovas eine atemberaubende Überraschung, zu deutlich dominierte Williams die Rivalität im vergangenen Jahrzehnt.
"Ich hatte nicht besonders großen Erfolg gegen sie, das würde ich liebend gerne ändern", sagte Sharapova, die nach ihrem Sieg 2004 nur noch ein einziges Match - bei der WTA-WM im gleichen Jahr - gegen Williams gewann. Bei 2:17 steht die Bilanz, bei ihrer letzten Begegnung im All England Club ging Sharapova im Finale der Olympischen Spiele von London 0:6, 1:6 unter.
"Ich liebe es, gegen Maria zu spielen", sagte die 20-malige Grand-Slam-Siegerin Williams: "Sie bringt das Beste in mir hervor." So auch zu Beginn der Saison, als Williams gegen Sharapova den Titel bei den Australian Open in Melbourne gewann. "Das war ein wunderbares Finale, sehr unterhaltsam, sie hat sehr gut gespielt", sagte Williams. Ob es Sharapova auch so in Erinnerung hat?
>Wenig Anlass zur Hoffnung
"Es ist jedes Mal wieder ein neues Match", sagte sie und es klang ein wenig danach, als wollte sie sich selbst Hoffnung machen. Die drei Satzgewinne, die ihr bei den 16 aufeinanderfolgenden Niederlagen seit 2004 gelangen, geben kaum Anlass dazu. Ebenso wenig der Blick auf die Form ihrer Gegnerin: Williams ist seit 26 Grand-Slam-Matches ungeschlagen, in dieser Saison hat sie erst eine Niederlage kassiert.
Der vierte Majorsieg in Serie, der sogenannte Serena Slam, rückt in Reichweite, schon zeichnen sich die Konturen des Grand Slam am Horizont ab. Steffi Graf im Jahr 1988 war die letzte von drei Spielerinnen, denen das Kunststück gelang, die Titel auf den großen Bühnen in Melbourne, Paris, Wimbledon und New York in einem Kalenderjahr zu gewinnen.
"Ich habe Euch gesagt, stellt mir keine Fragen mehr dazu", herrschte Williams einen TV-Reporter nach ihrem Sieg im Viertelfinale gegen die Weißrussin Victoria Azarenka an. Nach all ihren Erfolgen genieße sie es derzeit, vor 15.000 Zuschauern auf dem Centre Court zu spielen: "Das macht mir jedesmal aufs Neue Spaß. Ich muss niemandem mehr etwas beweisen und habe daher nichts zu verlieren."
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