Angelique Kerber hatte sich die angesagte Buddha Bar in Singapur ausgesucht. Abendessen in entspannter Atmosphäre, um beim WTA-Finale mit einer extra Portion Gelassenheit die Revanche gegen Angstgegnerin Garbine Muguruza (Spanien/Nr. 2) am Mittwoch anzugehen.
"Ich will mir weiterhin keinen Druck machen und denke noch gar nicht an einen möglichen Halbfinal-Einzug", sagte die 27-jährige Kerber. Die letzten drei Duelle mit Wimbledonfinalistin Muguruza hat die Linkshänderin verloren. "Garbine spielt momentan sehr konstant. Aber auch ich bin nach dem gelungenen Start selbstbewusst und werde alles versuchen, sie zu stoppen", kündigte Kerber an.
Nicht zuletzt, weil die Kielerin nach den bitteren Drittrunden-Niederlagen gegen Muguruza bei den French Open und in Wimbledon "Revanchegelüste" verspürt. Ein Erfolg gegen den spanischen Shootingstar der Szene könnte für Kerber im Idealfall schon für den vorzeitigen und erstmaligen Sprung ins Semifinale des Saisonabschluss-Turniers reichen.
Überzeugender Auftakt
Nach ihrem überzeugenden 6:2, 7:6 (7:3) gegen die Tschechin Petra Kvitova (Nr. 4) zum Auftakt war nicht nur die Singapur Times begeistert: "Kerber hat viele Argumente geliefert. Mit ihr ist zu rechnen", schrieb das Blatt.
Um nichts dem Zufall zu überlassen, trainierte Kerber am Dienstag 90 Minuten mit Ex-Profi Austin Karosi (USA), der die harten flachen Schläge von Muguruza perfekt imitierte.
Zur idealen Vorbereitung gehört für die deutsche Nummer eins neben Eisbädern und Physio-Einheiten auch ihre "Schlaf-Therapie". "Ich habe gemerkt, dass ich dabei am besten regenerieren kann. Immer wenn ich Zeit habe", berichtete Kerber schmunzelnd, "versuche ich zu schlafen: Im Flieger und überall."
Kein Wunder: Das WTA-Finale ist bereits ihr 25. Turnier 2015. 73 Matches hat die Linkshänderin in dieser Saison gespielt - und keine hat mehr Matches gewonnen (53 Siege) als Vielspielerin Kerber.
Manchmal müde
Als sie nach ihrem geglückten Start im Indoor Stadium in der Pressekonferenz gefragt wurde, ob sie denn nie müde werde, antwortete die Fed-Cup-Spielerin fast entschuldigend: "Doch, manchmal schon."
Anzumerken ist ihr das fast nie. Es ist kein Zufall, dass Kerber in den letzten zehn Monaten an vielen hochklassigen Partien beteiligt war. Zum Beispiel am Klassiker gegen Wiktoria Asarenka (Weißrussland) in der dritten Runde der US Open mit insgesamt 97 direkten Gewinnschlägen. "Angie ist einfach eine unglaubliche Konterspielerin, die nie aufgibt, aber auch in der Offensive stark ist", sagte Bundestrainerin Barbara Rittner.
In den USA hat "Entfesslungskünstlerin" Kerber längst den Spitznamen Houdini. Und sie liebt es, um ihre Erfolge wirklich kämpfen zu müssen. "Ich habe immer Spaß an langen Matches. Das ist einfach mein Spiel. Wenn ich auf den Platz gehe, dann weiß ich, es kann wieder drei Stunden dauern", meinte Kerber. Gut, dass es in Singapur ein Restaurant mit Namen Buddha Bar gibt, in dem neue Kräfte getankt werden können.
Angelique Kerber im Steckbrief