Für Kerber begann das Match mit einem Break zum 0:1 denkbar unglücklich, diesem Aufschlagverlust lief sie den gesamten ersten Satz lang vergeblich nach. Andreescu spielte klug, variabel und mit enormer Wucht, vor allem mit dem zweiten Aufschlag der Kanadierin konnte Kerber überhaupt nichts anfangen.
"Ich seh' den Ball nicht, die Sonne blendet", jammerte sie, als ihr Coach Rainer Schüttler nach dem ersten Satz zu einer kurzen Besprechung auf den Platz kam. Der frühere Weltklassespieler, Nachfolger des im vergangenen Oktober überraschend entlassenen Belgiers Wim Fissette, reagierte erfrischend rustikal: "Das ist doch scheißegal jetzt, guck den Ball an, konzentrier dich auf deine Beine, lass dir nicht ihr Spiel aufzwingen. Du diktierst das Match."
Andreescu zeigt keinen Respekt vor Kerber
Das tat Kerber allerdings auch im zweiten Satz zunächst nicht. Andreescu spielte selbstbewusst und frech auf, sie zeigte keinen Respekt vor dem großen Namen auf der anderen Seite. Als sie beim Stand von 1:1 einen Stopp mit Hilfe der Netzkante zu einem Punkt machte, ließ sie sich mit erhobenen Armen vom Publikum feiern - ein eher ungewöhnliches Verhalten für eine so junge Spielerin.
Dennoch kam Kerber nun endlich besser ins Match. Sie zwang ihre Gegnerin zu einigen leichten Fehlern und schaffte im vierten Spiel des zweiten Satzes ihr erstes Break zur 3:1-Führung. Nach dem 4:1 holte Andreescu ihren Coach Sylvain Bruneau auf den Platz. "Ich kann nichts machen, ihre Schläge sind zu gut", sagte sie. "Bleib ruhig, das ist eine Sache des Willens", entgegnete Bruneau.
Kerber: "Was soll ich machen?"
Der kleine Smalltalk zeigte Wirkung: Andreescu gewann ihr nächstes Aufschlagspiel zum 2:4, verlor aber letztlich den Satz nach fast anderthalb Stunden Spielzeit mit 3:6. Im dritten Durchgang schwanden bei Andreescu die Kräfte, Kerber holte sich das Break zum 3:2, gab diesen Vorteil allerdings postwendend zum 3:3 wieder ab. Als Andreescu mit 4:3 in Führung ging, kam Schüttler erneut auf den Platz. "Was soll ich machen, sie trifft jeden Ball", sagte Kerber. "Sie ist müde, glaub an dich, du musst jeden Ball schlagen, nicht schieben", empfahl Schüttler.
Am Ende aber hatte Andreescu das bessere Ende für sich, der vierte Matchball brachte nach 2:18 Stunden die Entscheidung. Andreescu erhielt einen Scheck über 1,34 Millionen Dollar, für Kerber blieb immerhin noch die Hälfte.