Außerdem verrät Mies, was beim Debakel in Banja Luka los war und wie er als Kölscher Jung zum BVB-Fan wurde.
Herr Mies, Sie hatten jetzt ein paar Tage Zeit, um den French-Open-Sieg zu verdauen. Fühlt es sich immer noch surreal an?
Andreas Mies: Irgendwie schon, es fühlt sich immer noch so unwirklich an. Es wird wohl noch eine ganze Weile dauern, ehe ich so richtig realisiere, was wir geschafft haben. Mittlerweile sind Kevin und ich jeweils wieder in der Heimat und können den Sieg etwas sacken lassen, bis das Training wieder losgeht und wir am Samstag zum nächsten Turnier nach Halle fahren. Es fühlt sich immer noch wie ein Traum an, aber ich bin jetzt schon ein paar Mal aufgewacht und jedes Mal durfte ich feststellen, dass es kein Traum war. Hoffentlich bleibt das auch so. (lacht)
Wie haben Sie denn die Party-Nacht verkraftet?
Mies: (lacht) Ganz gut soweit. Ich muss lachen, wenn ich an die Party-Nacht denke. Beim Eiffelturm haben wir uns etwas übernommen, den konnten wir nicht abreißen, das Teil ist einfach zu stabil. Obwohl wir eine riesige Gruppe mit über 50 Mann waren. Wir sind erstmal ganz entspannt essen gegangen und haben angestoßen. Ein paar Reden wurden auch geschwungen. Es war ein unglaublich schönes Gefühl, die Familie und Freunde um sich herum zu haben und diesen Moment zusammen aufzusaugen und zu genießen. Nach dem Essen haben wir uns draußen an einer Bar versammelt und bestimmt eine ganze Stunde lang nur Gesänge angestimmt. Das ging von Krawietz/Mies-Sprechchören über "Viva Colonia" bis zu "So sehen Sieger aus". Kevin und ich lagen uns in den Armen, wir sind die ganze Zeit gehüpft. Das war echt anstrengend. Es war einfach eine geile Stimmung. So um 2 Uhr sind wir dann in einen Nachtklub weitergezogen, da ging es noch bis 5 Uhr weiter. Wir haben uns schon ganz gut abgefeiert.
Mies: "Zieht euch das mal rein, da bin ich!"
Sie trinken doch eigentlich gar keinen Alkohol.
Mies: Das stimmt. Aber ich habe immer gesagt, dass wir anstoßen, wenn wir etwas Größeres gewinnen. Als wir in diesem Jahr in New York unseren ersten Titel auf der ATP-Tour holten, mussten wir zwar gleich weiter zum Turnier nach Delray Beach, aber da haben wir auch am Flughafen noch angestoßen. Ich trinke nicht so viel und merke das dementsprechend auch schnell, das war jetzt auch so. Ich bin leider etwas übers Ziel hinausgeschossen. (lacht)
Sie müssen unzählige Nachrichten bekommen haben. Wer hat sich alles gemeldet?
Mies: Erstmal konnte ich gar nicht nachschauen, wer sich gemeldet hat. Als ich nach dem Finale mein Handy einschalten wollte, ist es zweimal sofort wieder abgestürzt und hat sich deaktiviert. Als es dann irgendwann geklappt hat, waren natürlich extrem viele Nachrichten drauf. Ich habe mich ganz ehrlich über jede einzelne Nachricht gefreut. Tommy Haas hat mir zum Beispiel gratuliert. Tommy war neben Roger Federer immer mein großes Idol. Ich habe ihn als Kind bewundert und im Fernsehen seine Matches angeschaut. Und jetzt schreibt er mir persönlich und gratuliert mir zu meinem Erfolg. Für mich ist das unglaublich.
Hatten Sie schon die Gelegenheit, sich das Finale nochmal in voller Länge reinzuziehen?
Mies: Ja, das habe ich tatsächlich schon gemacht. Wir haben im Familienkreis schön gegessen und uns das Finale ganz genüsslich auf dem großen Fernseher im Wohnzimmer reingezogen. Ich nehme mir generell alle Doppel-Finals bei Grand Slams und bei den Masters-Turnieren auf und schaue sie mir an. Ich bin ja einfach auch großer Tennisfan. Und jetzt liege ich da auf der Couch, schaue mir das French-Open-Finale im Fernsehen an und ich spiele selbst mit - und ich gewinne sogar noch! Ich habe zu meiner Familie gesagt: "Zieht euch das mal rein, da bin ich!" Die mussten alle lachen. Für mich war das nochmal ein unglaublicher Augenblick, ich habe es so genossen. Ich habe da auch nochmal gesehen, was wir im Finale für eine geile Leistung gezeigt haben.
Mies: "Wir haben versucht, uns selbst zu veräppeln"
Wenn man Kevin und Sie vor dem Match in den Katakomben gesehen hat, dann wirkten sie natürlich mega-heiß, aber auch sehr locker vor dem größten Match der Karriere. Mit welcher Einstellung sind Sie ins Finale gegangen?
Mies: Für uns war es natürlich überhaupt keine alltägliche Situation, auf Philippe Chatrier einzulaufen und ein Grand-Slam-Finale zu bestreiten. Eine Vorbereitung auf so ein Match kannten wir bis dato nicht. Dann spielen wir auch noch in Frankreich gegen ein französisches Duo und erleben richtige Davis-Cup-Atmosphäre. Wir waren aber trotzdem positiv gestimmt, auch weil wir wussten, dass wir selbst 50 Mann dabei hatten, die dagegenhalten und für ordentlich Alarm sorgen würden. Es kam im TV gar nicht so rüber, wie laut unser Anhang war. Für uns war wichtig, dass wir nicht überdrehen und ganz bei uns selbst bleiben. Dass wir uns auf unsere Leistung konzentrieren. Wir haben versucht, die Wichtigkeit des Matches herunterzuspielen und auszublenden. Gleichzeitig wussten wir natürlich um die Bedeutung, aber wir haben versucht, uns ein bisschen selbst zu veräppeln. Wir durften auf keinen Fall zu nervös und mit voller Hose auf den Platz, dann hätten wir keine Chance gehabt. Wir mussten locker bleiben, deshalb war unser Motto: Lass uns da rausgehen, Spaß haben und der Welt zeigen, was wir drauf haben. Das hat von Anfang bis Ende perfekt geklappt, besser wäre es nicht gegangen.
Das kann man wohl sagen. Von außen hatte ich als Zuschauer das Gefühl, dass die Franzosen niemals ein Break schaffen könnten.
Mies: Wir wollten uns ganz bewusst auf unsere Aufschlagspiele konzentrieren, weil wir wussten, dass wir bei den Return-Games immer unsere Chancen bekommen würden. Der Return ist eine unserer Stärken. Wenn wir beide gut servieren, richtig durchziehen und am Netz von Anfang an präsent sind, dann sind die wichtigsten Aspekte des Doppels abgedeckt und es kann nicht mehr viel schiefgehen. Wir waren total im Tunnel. Ich wusste nach dem Match gar nicht, dass wir keinen einzigen Breakball abwehren mussten, so fokussiert waren wir. Ich bin stolz darauf, wie wir das hinbekommen haben.