Naomi Osaka gab dem mächtigen Silberpokal ein zärtliches Küsschen, dann drehte sie unter dem Jubel der Fans eine Ehrenrunde in der Rod-Laver-Arena. "Es fühlt sich unglaublich an", sagte die Japanerin, nachdem sie im Finale der Australian Open ihren Status als Superstar im Frauentennis eindrucksvoll untermauert und ihren vierten Grand-Slam-Titel gewonnen hatte.
Die 23-Jährige setzte sich in einem teilweise nervös geführten Endspiel vor 7381 Zuschauern mit 6:4, 6:3 in 77 Minuten gegen Finaldebütantin Jennifer Brady aus den USA durch. "Ich habe meinen letzten Grand Slam nicht mit Fans gespielt, also bedeutet es mir sehr viel, diese Energie zu spüren", sagte Osaka.
Sie blieb auch in ihrem vierten Majorfinale unbesiegt - zuletzt war dies Monica Seles (USA) 1991 gelungen. In Melbourne ist es für Osaka der zweite Triumph nach 2019. Brady, die vom Regensburger Michael Geserer trainiert wird, verpasste dagegen ihren ersten großen Titel. Das Männer-Endspiel bestreiten am Sonntag (9.30 Uhr) Rekordsieger Novak Djokovic aus Serbien und der Russe Daniil Medwedew.
Osaka schaffte wie Angelique Kerber 2016 das Kunststück, im Turnierverlauf Matchbälle abzuwehren und das Event zu gewinnen. Im Achtelfinale hatte sie gegen Vorjahresfinalistin Garbine Muguruza (Spanien) vor dem Aus gestanden. Durch den Erfolg rückt Osaka, die 2018 und 2020 auch die US Open gewonnen hat, in der Weltrangliste auf Rang zwei vor und näher an die führende Ashleigh Barty (Australien) heran. "Ich will nicht zu viel über das Ranking nachdenken", sagte Osaka: "Das wird kommen, wenn ich gut spiele." Auch Brady macht einen großen Sprung, sie wird künftig als 13. geführt.
Becker über Osaka: "Nachfolgerin von Serena Williams"
"Mein Tipp ist und bleibt Osaka", hatte Bundestrainerin Barbara Rittner schon vor dem ersten Aufschlag gesagt, und Boris Becker stimmte ihr zu. "Für mich ist sie die Nachfolgerin von Serena Williams, der nächste Superstar", sagte der sechsmalige Grand-Slam-Champion und Eurosport-Experte. Aber er erinnerte auch an das Halbfinale bei den US Open, das Osaka vor ihrem Titelgewinn im letzten Jahr nur knapp in drei Sätzen gegen Brady gewonnen hatte.
Doch der Außenseiterin, die sich in Regensburg auf die Saison vorbereitet hatte und dann in Melbourne in strikte Quarantäne musste, merkte man die Nervosität im größten Spiel ihrer Karriere an. "Ich habe das Gefühl, dass ich auf dieses Level gehöre und ein Grand-Slam-Sieg völlig erreichbar ist", sagte sie nach dem Match dennoch nicht gänzlich unzufrieden und dankte ihrem Team um Coach Geserer.
Die deutschen Spielerinnen hatten bei dem Turnier enttäuscht, erstmals seit den French Open 2010 fand die dritte Runde eines Grand-Slam-Turniers ohne Vertreterin des Deutschen Tennis Bundes (DTB) statt. Einzig Mona Barthel erreichte die zweite Runde. Die dreimalige Grand-Slam-Siegerin Kerber, Andrea Petkovic und Laura Siegemund waren schon an ihren Auftakthürden gescheitert.
Australian Open: Die Siegerinnen der letzten zehn Jahre
2012: Viktoria Azarenka (Weißrussland)
2013: Viktoria Azarenka (Weißrussland)
2014: Li Na (China)
2015: Serena Williams (USA)
2016: Angelique Kerber (Kiel)
2017: Serena Williams (USA)
2018: Caroline Wozniacki (Dänemark)
2019: Naomi Osaka (Japan)
2020: Sofia Kenin (USA)
2021: Naomi Osaka (Japan)