Patrick Franziska verletzte sich beim 3:1 gegen Portugal am linken Sprunggelenk und fiel für das entscheidende Gruppenspiel gegen Ungarn aus.
Die Personalprobleme im Team des Seriensiegers nehmen damit beinahe dramatische Züge an. Erst am Donnerstagabend traf Spitzenspieler Dimitrij Ovtcharov in Lissabon ein, ob die gerade erst verheilten Folgen seiner Zahn-OP überhaupt einen Einsatz zulassen, bezweifelte Roßkopf öffentlich - gegen Ungarn spielte der Olympiadritte zumindest noch nicht. Somit trat Deutschland nur mit Boll und Steffen Mengel zum Duell ums Viertelfinale an.
"Macht sich die Sportart lächerlich"
Die etatmäßige Nummer drei Patrick Baum hatte seinen Start wegen des tragischen Unfalltods seines Vaters kurz vor EM-Beginn abgesagt - Nachnominierungen sind vom Verband ETTU nicht gestattet. "Damit macht sich die Sportart lächerlich", sagte Roßkopf sichtlich angefressen: "Wir haben fünf, sechs Spieler zu Hause, die gerne gespielt hätten." Ob es für Franziska in Lissabon überhaupt weitergeht, entscheidet sich erst bei einer Untersuchung am Freitag.
Franziska knickte in seinem Match gegen Joao Monteiro im vierten Satz mit dem linken Fuß um, musste minutenlang behandelt werden und spielte fortan nur noch aus dem Stand. Mit ungewöhnlichem Blockspiel holte der 22-Jährige dennoch den wichtigen Punkt. Boll veredelte die Heldentat seines Düsseldorfer Teamkollegen mit zwei Siegen gegen den Saarbrücker Bundesligaspieler Tiago Apolonia (3:0) und den Weltranglistenzwölften Marcos Freitas (3:2).
Boll in Topform
Die Niederlage gegen die hochgehandelten Portugiesen kassierte Steffen Mengel. Der frühere deutsche Meister aus Bergneustadt hätte die Begegnung mit einem Erfolg gegen Freitas frühzeitig entscheiden können, unterlag jedoch in einem spannenden Match und nach einer tollen Vorstellung 2:3.
Auf Timo Boll können sich die Teamkollegen jedoch verlassen: Der 16-malige EM-Sieger ist derzeit am Tisch eine Klasse für sich. Boll dominierte gegen Apolonia an der Platte, in der Halbdistanz und in den wenigen kritischen Momenten. Gegen Freitas, dem Boll "eine tolle Entwicklung in den letzten Jahren" bescheinigt, zeigte der 33-Jährige seine kämpferischen Qualitäten. Im Duell der Linkshänder behielt Boll mit 11:6 im fünften Satz die Oberhand und sicherte den 34. EM-Erfolg in Serie.
Historisches weiter möglich
Der Weg zum historischen siebten Gold nacheinander - bislang haben nur Deutschland und Schweden (1964 bis 1974) sechsmal in Folge triumphiert - ist dennoch bereits am zweiten Turniertag ein großes Stück steiniger geworden. Klar, man könne "auch mit zwei Spielern Europameister werden", hatte Boll bereits vor EM-Beginn gesagt. An den "Worst Case" hatte damals jedoch noch niemand geglaubt.
Problemlos schlossen dagegen die deutschen Tischtennis-Damen ihre Gruppenphase ab. Der Titelverteidiger gewann im bedeutungslosen Spiel gegen die Türkei 3:1 und steht ungeschlagen im Viertelfinale am Freitag (15.00 Uhr MESZ). Die Punkte holten Irene Ivancan Petrissa Solja und Sabine Winter. Bundestrainerin Jie Schöpp hatte Han Ying und Shan Xiaona eine Pause gegönnt.